STREET-ART : Als Porsche-Amateur
Vor einiger Zeit fragte mich die Kunstzeitschrift Monopol auf einer um das Heft gewickelten Bauchbinde: „Liebe Frau Werneburg, wie denken Sie über Street-Art? Porsche sucht Testfahrer.“ Selbstverständlich dachte ich plötzlich sehr hoch über Street-Art.
Tatsächlich wurde ich ein paar Wochen später ins Porsche Zentrum Berlin eingeladen, wo mich der ganz und gar reizende Herr Weber, der mich betreute, in einen Boxter setzen wollte. Ich entgegnete, es müsse schon der Klassiker 911 sein, schließlich sei neben dem Beifahrer noch mein Hund unterzubringen. Herr Weber schluckte. Und dann gab er mir ein schneeweißes Carrera Cabriolet, passend zu meinen schneeweißen Hund.
Meine erste Strecke als Porsche-Amateur führte über die Budapester in die Fasanenstraße, zur Vernissage von Isa Genzken bei Daniel Buchholz. Vor der roten Ampel am Zoopalast stand rechts neben mir ein dunkelgrauer Porsche 911. „Hey, schau, ein kleiner Bruder!“, juchzte eine innere Stimme: „Aus den 70er-Jahren! So einer, den man wie seinen Augapfel hegt und pflegt!“ Um danach kühl zu rationalisieren: „Was soll’s?! So funktioniert eben Wahrnehmung, kaum sitzt man in einem Porsche, sieht man nur noch Porsches.“
Ich mochte die brüderliche Stimme lieber. Wir bogen in die Joachimstaler Straße ab und standen vor der nächsten Ampel. Kaum wurde sie grün, hörte ich auch schon ein scheußliches, krachendes Geräusch. Mir völlig unbegreiflich, wie, war der gelernte Porschefahrer neben mir längst vor mir in die Kantstraße eingebogen. Was – Achtung! Bus schwenkt aus! – auch ein dicker gelber BVG-Doppeldecker tat, dessen linke Hinterbacke nun in der rechten Seite des kleinen Bruders steckte! „Das ist dann wohl Cutting Edge in Street-Art?!“, stichelte meine innere, ganz und gar unbrüderliche Stimme. BRIGITTE WERNEBURG