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„Nicht unterkriegen lassen“

Gemeinsam Die GWA wird 40 und hat den Kampf gegen die Gentrifizierung nicht aufgegeben

Foto: Privat
Carola Plata

62, Sozialpädagogin, arbeitet seit 1987 bei der GWA St. Pauli und betreut Öffentlichkeitsarbeit.

taz: Frau Plata, wie ist die GWA, die Gemeinwesenarbeit St. Pauli, vor 40 Jahren entstanden?

Carola Plata: Aus einer Studenten­initiative, die 1975 das Obdachlosenlager in der Eggerstedtstraße unterstützte. Als das Lager aufgelöst wurde und viele der Obdachlosen nach St. Pauli kamen, zogen die Studenten mit und gründeten die GWA St. Pauli Süd.

Wofür wurde die GWA außerdem gebraucht?

Zum Beispiel als Vermittlerin. St. Pauli war damals Sanierungsgebiet, Gruner + Jahr wollte am Pinnasberg bauen. Die GWA hat dann den Betriebsrat von G + J agitiert und zusammen mit den Bewohnern die Bebauung verhindern können. G + J ist dann an den Baumwall ausgewichen.

Und welchen Anteil hatte die GWA am Projekt Park Fiction?

Wir haben es gemeinsam mit Stadtteilbewohnern und Künstlern initiiert und unsere Räume für deren Treffen zur Verfügung gestellt. Es war ja ein Beteiligungsprojekt, in dem Stadtteilbewohner sich ausmalten, wie ein Park aussehen könnte.

Warum ist es eigentlich gelungen, die Bebauung dieser letzten Lücke zu verhindern, obwohl es dafür bereits Investoren gab?

Die politische Lage war damals so, dass das Hafenkrankenhaus gegen den Wunsch vieler Leute geschlossen worden war, es hatte vorab viele Demos gegeben. Da konnte die Politik es sich nicht leisten, auch noch das Projekt Park Fiction abzulehnen, denn auf St. Pauli gibt es ja ohnehin kaum Parks.

Die GWA wird zu 60 Prozent von der Stadt finanziert. Wie offensiv können Sie städtische Bebauungspläne bekämpfen?

Es hat durchaus mal Anfragen von Bezirkspolitikern gegeben. Aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen.

Hat man Ihnen nie mit der Streichung von Subventionen gedroht?

So konkret nicht. Allerdings hat die Bild vor Jahren behauptet, die Kulturbehörde finanziere bei uns gewaltbereite Chaoten. Später musste die Zeitung das zurücknehmen.

Wie haben Sie reagiert?

Offensiv. Wir haben Politiker eingeladen und unsere Arbeit dokumentiert. Damit war das erledigt. Allerdings hat die Stadt damals die globalen Richtlinien für Stadtteilkultur verändert.

Inwiefern?

Man hat eingefügt, das die Förderungswürdigkeit abhängig sei davon, ob der Träger zu rechtswidrigen Handlungen aufrufe oder darauf vorbereite.

Interview: PS

Eröffnung der Feierlichkeiten zum 40. Geburtstag der GWA St. Pauli: 17 Uhr, Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 11; bis 5. Juli

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