: Dreck für Frauen
Die Staubsauger-Firma Vorwerk gibt eine Studie in Auftrag – mit erwartbarem Ergebnis
„Und was machen Sie so beruflich?“ – „Ich führe ein sehr erfolgreiches kleines Familienunternehmen.“ Wer kennt ihn nicht, den dümmlichen Werbesport, der Hausfrauen Mut machen soll? Dabei tun Hausfrauen doch nichts anderes als Dreck fressen. Und mit Dreck, da kennt sich ein Unternehmen ganz besonders aus: Dann sind die Vorwerk-„Raumpflege-Experten“ zur Stelle. Die wissen, was Frauen brauchen, kennen ihre schmutzigen Gedanken und kehren sie als „Die Leidenschaften der Familien-Managerin“ unter den Teppich, der sich „Forsa-Studie“ nennt. Und bei Forsa nennt man die Hausfrau inzwischen „Familien-Managerin!“. Hausfrau, das ist pfui, das nehmen wir nicht in den Mund, wir verbreiten lieber Sprachmüll, das fällt keinem Schwein mehr auf.
Forza forsa! Die angestaubte „Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH“ ist sich offenbar für nichts zu schade: „Unbeliebteste Tätigkeit ist das Fensterputzen. 66 Prozent putzen ungern, 27 Prozent sogar sehr ungern ihre Fenster“, und auch „das Bügeln erfreut sich keiner großen Beliebtheit; 57 Prozent der Familien-Managerinnen könnten auf diese Form der Wäschepflege gut verzichten.“ Was für ein Frevel, wo Forsa-Auftraggeber Vorwerk doch das „Bügelsystem Feelina“ ersonnen hat, das mit seiner „Ansaugfunktion“ flottes Flachlegen „in der halben Zeit“ garantiert und „Falten nur dort, wo sie hingehören“ – in die Fresse der Werbetexter, die sich solche „Claims“ in einer durchgekoksten Nacht aus der Nase saugen.
Dass die „moderne Familien-Managerin“ gern hinterm Herd steht („80 Prozent“), ist wohl der Vorwerk-„Innovation“ von „Thermomix“ geschuldet, einem Schreddermonstrum, das alles klein kriegt – auch das letzte bisschen Menschenwürde, wie „Jessica Schnitter (41 Jahre)“ beweist, die bei Vorwerk anschaffen geht: „Vor dreizehn Jahren wagte sie den Schritt, der ihr Leben positiv verändert hat. Es war die Zeit gekommen, sich endlich mal selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Nichts und niemand konnte sie aufhalten, den Wunsch nach einer zusätzlichen Aufgabe mit ihrer täglichen Begeisterung für Thermomix zu verbinden.“
Die Dame ist „Thermomix-Repräsentantin“ und „genießt nun die doppelte Anerkennung: denn in ihrem Herzen ist sie ausgeglichene Familien-Managerin“ und hat sich „erfolgreich zur „Thermomix-Gruppenleiterin hochgearbeitet“. Welche Frau „spürt“ da nicht schon was? Ahnt nicht, dass ihr „diese attraktive Arbeit finanzielle Unabhängigkeit, Flexibilität und Spaß“ bereitet? Dann nichts wie rein ins Vorwerk-Vergnügen!
Damit fällt auch eine einstige Männer-Domäne: Kerle mit Forschergeist gaben in den Siebzigerjahren ihr Bestes her, stopften es in das Ansaugrohr eines Vorwerk-„Kobold“- Staubsaugers und nahmen diesen in Betrieb. Auf Vorwerk-Deutsch hieße das: Nichts und niemand konnte sie aufhalten, den Wunsch nach einer zusätzlichen Befriedigung mit ihrer täglichen Begeisterung für „Kobold“ zu verbinden.
Sie haben sich erfolgreich zum „Kobold“-Repräsentanten hochgewichst. Heute sind die Zeiten hart, das Staubsauger-Modell ist aus dem Verkehr gezogen, die „Familien-Managerinnen“ können kommen und saugen, wo sie einst nur blasen konnten. Das verdient doch endlich einen zeitgemäßen „Claim“: „Vorwerk – Dreck fressen ist unser Geschäft“. TANJA KOKOSKA