DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Besser mit Messer?
Was sagt uns das? In Indien verteilt eine Partei Messer an Frauen zur Verteidigung vor Vergewaltigern
Sieben Zentimeter Messerklinge, das ist doch mal ein Vorschlag. Nach dem Tod der brutal vergewaltigten Studentin in Neu-Delhi wurde in Indien verzweifelt nach Lösungen gesucht, wie man brutale Männer zügeln kann: Forderungen nach der Todesstrafe, nach chemischen Kastrationen und schnelleren Gerichtsverfahren wurden laut.
Doch immer ging es um die Täter und die Konsequenzen, die sie erwarteten. Das kann man alles gut oder schlecht finden, fest steht nur: Den Frauen, die vergewaltigt wurden, hilft es nicht. Deshalb hat die regionale hindunationalistische Partei Shiv Sena in Mumbai einen Vorschlag zur Prävention an Frauen gerichtet: „So wie Ihr Gemüse schneidet, solltet Ihr auch denen die Hand abschneiden, die euch anfassen“, sagte das Parteimitglied Ajay Chowdhary. Inmitten einer landesweiten Debatte über alltägliche sexuelle Gewalt gegen Frauen möchte die Partei nun 21.000 Messer an Frauen im Bundesstaat Maharashtra verteilen.
Im Land von Gandhi, im Land des gewaltfreien Widerstands soll mit Waffen Frieden geschaffen werden zwischen den Geschlechtern. Klingt wenig messerscharf durchdacht.
Wie in Gandhis Namen soll sich ein Vergewaltigungsopfer mit ihrem gesponserten Schweizer Taschenoffizier gegen eine Gruppe von Männern wehren? Was sollen im Milliardenland Indien 21.000 Messer bewirken? Dass ein potenzieller Vergewaltiger auf eine Frau mit einem solchen Dolch trifft, ist ungefähr so wahrscheinlich, wie dass ein Junge aus einem Township bei „Wer wird Millionär?“ alle Fragen beantwortet, weil er in seinem Leben bereits auf die passenden Antworten gestoßen ist. Daran hätte nicht mal Gandhi geglaubt – von dessen Weg Indien in der hitzigen Debatte immer mehr abzukommen scheint. JAK