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Archiv-Artikel

Hoffnung für Blackberry

Als Thorsten Heins vor einem Jahr den Chefposten bei dem angeschlagenen Blackberry-Hersteller „Research in Motion“ (RIM) übernahm, schlug ihm allerorten Skepsis entgegen. Investoren und Analysten sprachen von einem Himmelfahrtskommando. Das US-Wirtschaftsblatt Wall Street Journal fragte provokativ „Thorsten – wer?“

Tatsächlich hatte der deutsche Manager Heins einen schweren Start. Seine Vorgänger hatten den Trend zu berührungsempfindlichen Smartphones verschlafen, und die Blackberrys, einstige Lieblinge einer ganzen Managergeneration, waren weit hinter die Modelle von Apple oder Samsung zurückgefallen. Das Tablet Playbook floppte, eine Pannenserie jagte die nächste, die Aktien stürzten am Ende ab.

Jetzt ist für Heins der Moment der Wahrheit gekommen. Am heutigen Mittwoch lässt er weltweit das lange überfällige Betriebssystem „Blackberry 10“ samt neuen Smartphones vorstellen – die Neuerungen sind so etwas wie die letzte Chance für RIM. Glaubt man den Analysten und Kritikern, könnte Heins damit gelingen, was vor zwölf Monaten nur wenige für möglich gehalten hatten: ein Überraschungserfolg. Die ersten Bewertungen für das „Blackberry 10“ fallen überwiegend positiv aus, der Aktienkurs des kanadischen Unternehmens hat sich im Vergleich zum Tiefststand annähernd verdreifacht, und einige Analysten haben ihre Kursziele heraufgesetzt.

Zwar ist Heins mit dem einstigen Vorzeigeunternehmen noch lange nicht über dem Berg: Der Marktanteil der Blackberrys ist in den einstelligen Bereich abgestürzt, der Umsatz hat sich fast halbiert, im letzten Quartal sank erstmals die Zahl der Kunden. Doch mit Blackberry 10 gibt es jetzt einen Silberstreif am Horizont. Das Überleben der Blackberrys ist zumindest wieder in den Bereich des Möglichen geraten.

In Nordamerika schreibt man das nicht zuletzt dem zurückhaltenden deutschen Vorstandschef zu. Zunächst als Leichtgewicht und Verlegenheitslösung belächelt, hat sich der 55-jährige Ex-Siemens-Manager mittlerweile den Respekt von Wall Street, Investoren und Technikexperten erworben. JÖRG MICHEL