: Einsatz erfolgreich
„Stadt verhängt Bußgeld gegen Polizei“, titelte gestern die Nordwestzeitung. Und unterstützte damit die Wilhelmshavener Ordnungshüter, die in einem maroden Dienstgebäude residieren
Von Daniel Wiese
Am 13. Mai besuchte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann die Polizei in Wilhelmshaven. „Er war erschüttert“, berichtet Franz Andratzke, der Leiter der dortigen Polizeiinspektion. „Er hat erklärt, dass dringend Handlungsbedarf besteht.“
Was den Minister, der sich rühmt, sein Ohr auch bei den einfachen Polizisten zu haben, so erschütterte, war der Zustand des Dienstgebäudes. Die Mauern sind von Schimmel befallen, die Notausgänge führen in Höfe, aus denen es im Ernstfall kein Entrinnen gäbe. Die Beamten duschen im Zellentrakt, dem einzigen Teil des Gebäudes, der renoviert wurde. „Das sind so die Prioritäten, die gesetzt werden“, sagt Polizeichef Andratzke.
Sonst hat sich seit dem Besuch der Ministers nichts geändert, und Andratzke ist nicht der Mann, das zu beklagen. Er sagt Sätze wie „Das braucht alles seine Zeit“, und dabei klingt er ganz ruhig und sachlich. Wie es in seinem Dienstgebäude aussieht, erzählt auch nicht er. Das stand gestern in der Oldenburger Nordwestzeitung.
„Stadt verhängt Bußgeld gegen Polizei“ hieß der Artikel, und er berichtete, dass die Städtische Feuerwehr die Zustände im Polizeigebäude diesmal nicht nur bemängelt habe. Nein, sie habe die Polizei mit einem Bußgeld von 500 Euro belegt. Rechnung an den Dienstherrn, Innenminister Uwe Schünemann.
Ohne den Zeitungsartikel hätte sich wohl kaum jemand für das Dienstgebäude der Polizeiinspektion in Wilhelmshaven interessiert, aber „Bußgeld“ klingt gar nicht gut. Zwar handelte es sich in Wirklichkeit um ein Zwangsgeld, und es wurde nicht verhängt, sondern nur angedroht. Auch ist es eigentlich nicht möglich, dass eine Behörde eine andere belangt.
Trotzdem wurde so die Aufmerksamkeit für eine Meldung signifikant erhöht, die gestern von der Polizeigewerkschaft kam und mit dem Satz überschrieben war: „Menschenunwürdiges Dienstgebäude in Wilhelmshaven“. Auf Nachfrage berichtet der Gewerkschaftssprecher Reiner Fischer gerne von seinen Eindrücken vor Ort: So wirke der Kellerboden beim Begehen „ungewohnt weich“. Die Holzbalken seien schlicht weggefault, man gehe praktisch auf Morast.
„Hier vor Ort tut die Landesregierung nichts“, sagt Fischer, und bei ihm wird der Ton schon schärfer. Derzeit ist die Stimmung bei den niedersächsischen Polizisten sowieso schlecht: die Lebensarbeitszeit wurde verlängert, Weihnachts- und Urlaubsgeld gestrichen und einiges andere mehr.
Der Hinweis aus dem Innenministerium, es treffe nicht nur die Polizei, tröstet da wenig. Insofern ist man in Wilhelmshaven gar nicht so unglücklich über die Androhung des Zwangsgelds, auch wenn sie auf keiner Rechtsgrundlage beruhen sollte. „Wir arbeiten sehr konstruktiv und vertrauensvoll mit der Verwaltung der Stadt Wilhelmshaven zusammen“, gibt Polizeichef Andratzke zu.
Der Druck aufs Innenministerium dürfte sich damit erhöht haben. Man habe sich „massiv bemüht, Geld zu bekommen“ sagte gestern ein Sprecher, zuständig sei das Finanzministerium. Von dort hieß es, für Baumaßnahmen stünden derzeit „keine Haushaltsmittel bereit“. Ausnahme: bei „akuter Gefahr für Leib und Leben“.