09/11: US-Geheimdienst übt Selbstkritik

In einem erst jetzt veröffentlichten Bericht beschuldigt sich die CIA, beim Antiterrorkampf vor den Anschlägen am 11. September 2001 versagt zu haben.

Ex-CIA-Chef Tenet soll sich rechtfertigen, so der Bericht. Bild: rts

WASHINGTON taz Die CIA bescheinigt sich selbst, versagt zu haben. Im Vorfeld der Terrorattacken am 11. September 2001 habe der US-Geheimdienst "systematische Fehler" gemacht, heißt es in einem am Mittwoch in Washington veröffentlichen Bericht. Erstmals verlangt das gegen zahlreiche Widerstände veröffentlichte Dokument, dass der damalige CIA-Chef George J. Tenet zur Verantwortung gezogen wird.

"Die CIA und ihre Leitung haben ihre Verantwortung nicht zufriedenstellend wahrgenommen", schlussfolgert der Bericht. "Sie haben nicht immer effizient und kooperativ gearbeitet." Demnach haben Führungskräfte die Stärken des Dienstes falsch eingesetzt, die im Sommer 2001 eingehenden Hinweise auf Bedrohungen wurden nicht richtig ausgewertet und die CIA habe keinen schlüssigen Plan zur Bekämpfung des Terrornetzwerkes al-Qaida entwickelt.

So wurde die Bedeutung des Al-Qaida-Vordenkers Khalid Sheikh Mohammed nicht erfasst und der Geheimdienst verpasste entscheidende Gelegenheiten, zwei Terroristen im Vorfeld der 9/11-Anschläge auszuschalten. So wussten "50 bis 60 CIA-Agenten", dass die späteren Attentäter Nawaf al-Hamzi und Khalid al-Mihdhar sich wahrscheinlich in den USA aufhielten, doch niemand informierte die Bundespolizei FBI. Dafür sollten sich die Verantwortlichen inklusive Ex-Chef Tenet rechtfertigen, empfiehlt der von CIA-Generalinspekteur John L. Helgerson unterschriebene Bericht.

Tenet nannte das Fazit des Reports "einfach falsch". Der CIA-Direktor Michael Hayden betonte in einer Stellungnahme, er folge mit der Veröffentlichung der Untersuchung einer Aufforderung des Parlaments auf der Grundlage eines Gesetzes, das Präsident George W. Bush Anfang August unterzeichnete. "Ich dachte, die Herausgabe dieses Berichts würde unsere Leute verwirren, die ihrem Land an der Front eines globalen Konflikts dienen", schreibt Hayden, "es wird zumindest Zeit und Aufmerksamkeit brauchen, ein Feld zu beackern, das bereits reichlich umgepflügt wurde."

Tatsächlich bleibt der größte Teil des bereits 2005 fertiggestellten Berichts unter Verschluss. Und die nun veröffentlichte 19-seitige Zusammenfassung enthält keine wesentlichen Neuigkeiten, die über all die Fehler und das Missmanagement der CIA hinausgehen, die diverse Untersuchungskommissionen sowie Ermittlungen des Kongresses bereits festgestellt haben.

Auch die interne "Wachhund"-Gruppe betont nun erneut, dass kein CIA-Agent das Gesetz verletzt habe und alle individuellen Irrtümer sich nicht zu vorsätzlicher Amtsverletzung summierten. Doch erstmals fordert CIA-Generalinspekteur Helgerson öffentlich, dass sich die verantwortlichen Führungskräfte einer disziplinarischen Nachprüfung stellen sollen: namentlich Tenet sowie sein Vize-Direktor für Operationen Jim Pavitt, der damalige Terrorabwehr-Chef Cofer Black und ein weiterer, nicht identifizierter Abteilungsleiter.

Tenet wehrt sich mit einem Frontalangriff: "Tatsächlich hatte die CIA einen Plan, charakterisiert von außergewöhnlichen Anstrengungen sowie dem Einsatz zum Kampf gegen den Terrorismus, und zwar schon lange vor dem 11. September 2001", heißt es in seiner Stellungnahme. Der CIA-Bericht betont nun, dass der Geheimdienstchef schon 1998 in einer Aktennotiz seinen politischen Vorgesetzten, den damaligen Präsidenten Bill Clinton, warnte: "Wir befinden uns in einem Krieg." Auch in den folgenden Jahren seien Clintons Nachfolger Bush wiederholte Warnungen zugegangen. "Das Problem", folgert der Bericht, "war die Bearbeitung."

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