Rostock gegen Dortmund: Denkmal in Stein

Nach dem 0:1 gegen Dortmund fürchtet man bei Hansa Rostock, die Suche nach der Bundesligatauglichkeit könnte auf lange Sicht ohne Erfolg bleiben

Nach der Niederlage gegen Dortmund: Selbstzweifel in Rostock. Bild: dpa

ROSTOCK taz Frank Pagelsdorfs Gesicht vor dem Schlusspfiff wirkte wie versteinert. Ohne Regung stand der massige Trainer an der Seitenlinie und versuchte sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass es auch diesmal nicht für einen Sieg oder wenigsten einen Punkt gereicht hat. Das 0:1 gegen Borussia Dortmund markiert einen neuen Tiefpunkt in der Rostocker Leidensgeschichte. Die Suche nach der Bundesligatauglichkeit ist nach der vierten Niederlage im vierten Spiel der Saison weiter als erfolglos festzuhalten. Tabellenletzter, 0 Punkte, 1 zu 7 Tore.

Ergebnis: 0:1 (0:0)

Hansa Rostock: Wächter - Langen, Sebastian, Orestes, Diego Morais - Bülow (28. Stein), Rathgeb (80. Yelen) - Shapourzadeh (80. Cetkovic), Rahn - Agali, Kern

Borussia Dortmund: Ziegler - Degen, Brzenska, Wörns, Dede (87. Kruska) - Tinga - Blaszczykowski (62. Buckley), Kringe - Federico - Klimowicz, Valdez (62. Petric)

Schiedsrichter: Perl (München) - Zuschauer: 26 000

Tor: 0:1 Federico (76.)

Gelbe Karten: Shapourzadeh (1) / Degen (2)

Frank Pagelsdorf, in Rostock durch die beiden Aufstiege in die Beletage des deutschen Fußballs als Messias verehrt, wirkt ratlos und hoffnungsarm. Diesmal war zwar das spielerische Auftreten der Hansa-Protagonisten deutlich engagierter, aber mehr auch nicht. Schon jetzt scheint es, als wird die Bundesligasaison für Rostock zu einer unbestehbaren Prüfung. "Wir sind mit einem Kindergarten in der Liga angetreten, was erwarten sie", fragt Aufsichtsratschef Horst Klinkmann einen Reporter.

Mit dem Kindergarten meint Klinkmann nicht nur die vielen jungen Spieler, sondern auch deren mangelnde Erfahrung im harten Existenzkampf der Fußballbundesliga. Nur eine halbe Million Euro hat Hansa in neue Spieler investiert. Dass sie damit allemal den Kader auffüllen und ein paar Talente verpflichten konnten, erscheint logisch. Der Sparzwang, verordnet durch die chronisch klammen Kassen des mit über neun Millionen Euro verschuldeten Vereins. "Wir sind dennoch finanziell einer der solidesten Vereine in Deutschland", prahlt Klinkmann selbstsicher. Auf die Frage, ob der Verein etwas davon hat, wenn er in der zweiten Liga spielt, weicht Klinkmann aus.

Auch am vierten Spieltag findet Rostock weder zum Ball noch Boden unter den Füßen. Bild: dpa

Dass bei Hansa schon immer in norddeutscher Gelassenheit gehandelt wurde, ist allseits bekannt. Doch bereits jetzt beginnen in Rostock die Zeiten des Krisenmanagements. Ruhe bewahren gilt als oberste Parole, und so kommt trotz des desolaten Auftretens des Aufsteigers eine Diskussion um die Person des Trainers erst gar nicht auf die Tagesordnung. "Wir stehen ohne wenn und aber zu Frank Pagelsdorf", verkündet Klinkmann mit den Händen in den Hosentaschen. Störrisch stellt sich der renommierte Professor für Medizin vor die Kameras und tut so, als seien Niederlagen wie die der vergangenen Wochen eingeplant und jegliche kritische Fragen völlig fehl am Platz. "Ich habe kein Angstgefühl", sagt Klinkmann stur. Der 72 Jahre alte Mecklenburger hat schon mehrere dieser schweren Tage in Rostock miterlebt und Durchhalteparolen gepredigt. Schon jetzt kann er sie alle wieder rausholen.

Und so müssen sie sich in Rostock wohl wieder als Berufsoptimisten versuchen. "Victor hilft uns in unserem Spiel nach vorne. Das könnte passen", bemüht sich Frank Pagelsdorf, Hoffnung auf Besserung zu verbreiten. Hansas Neuzugang Victor Agali zeigte in seiner Premierenpartie gleich über neunzig Minuten eine ansprechende Leistung. Vor sechs Jahren hatte Agali Hansa Rostock für die große Fußballkarriere verlassen. Zu der kam es allerdings nicht und so ist der 28-Jährige wieder zurück beim kleinen Rostocker Arbeiterverein. Agali hatte selbst die größte Rostocker Chance, als er sich in der achtzehnten Minute gegen Dortmunds Abwehrspieler Christian Wörns durchgesetzt und auf das Tor von Marc Ziegler geköpfte hatte. Dass Hansa die Partie jedoch erneut ohne Punktgewinn beendete, lag zum einen an Agalis Sturmpartner Enrico Kern, der in der 32. Minute an Dortmunds Torhüter und der Latte scheiterte, und zum anderen an Borussen-Neuzugang Giovanni Federico, der den entscheidenden Treffer in der kampfbetonten und unterhaltsamen Partie erzielte. Nach einem Pass von Dede und einem abgeblockten ersten Versuch machte Federico im Nachschuss sein erstes Bundesligator (76.). Der Saisonstart mit zwei Siegen aus vier Spielen gilt jetzt also für Dortmunds Trainer Thomas Doll wieder als akzeptabel und ausbaubar.

Die Miene von Frank Pagelsdorfs hingegen war auch nach dem Spiel von keinen großen Regungen geprägt, vielmehr versuchte der Rostocker Trainer in der bevorstehenden Länderspielpause einen Vorteil für seine Mannschaft zu erkennen, um danach im Grunde noch einmal von vorne beginnen zu können, denn auch er weiß, dass sein Denkmal weiteren Niederlagen womöglich nicht standhält.

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