die wahrheit: Der homosexuelle Mann...

... der weltläufige, dessen Leben sich in nichts unterscheidet von der 3-Wetter-Taft-Reklame, der...

... - die Marktforscher würden sagen - junge, gut ausgebildete, motivierte und mobile, der konsumfreudige, also der, den sich unsere Warengesellschaft als Musterexemplar für eine Serienfertigung des modernen Mannes ausgeguckt hat, gerade der will nicht schwul sein.

Nein. Nein. Nein. Und noch mal Nein. Allein das Wort ist ihm ein Gräuel, möglich: gay, lieber: neuer Mann, oder besser noch: metrosexuell, so lange jedenfalls, bis die Out-Liste den Begriff wieder versenkt. Egal wie, namentlich will er sich eingemeinden bei denen, die ihm so entfernt sind wie die Eichenholzfurnierschrankwand dem Designerloft. Dass ihn die heterosexuellen Männer nicht haben wollen, ist ihm egal. So realitätsfremd, wie er ist, bemerkt er nicht einmal die Abfuhr.

Denn Realität, auch die ist ihm ein Gräuel. Sein Horizont liegt zwischen "Berghain" und "Marietta", zwischen Agentur und Mall, zwischen Hedi Slimane und Jaime Hayon, zwischen perezhilton.com und williamsledd.com, zwischen Mark Simpson und Max Goldt. Alles nicht sehr bodenständig, dafür vertreibt es die Zeit und ist amüsant. Der schlimmste aller Gräuel ist ihm die Politik. Wenn eine seiner besten Freundinnen, Madonna oder Kylie Minogue oder Hayden Panettiere, sich ausziehen würde für bessere Webpelze, ja, das würde er schon unterstützen. Aber mit diesem ganzen Gedöns der Schwulenbewegung hat er nichts am Hut, nichts mit dem CSD und den Regenbogenfahnen und dem ganzen Gequatsche von "unity" und "community".

Volker Beck taugt ihm überhaupt nicht als role model, auch kein Thomas Hermanns. Politische Parteien? Nein danke! Okay, Guido Westerwelle ist ganz okay, der hat einen bubenblonden Bisky über der Couch hängen und einen attraktiven Mann an seiner Seite, deshalb: FDP könnte man wählen, ja, warum nicht?

Ganz sicher postiert er sich nicht am Rand der Gesellschaft und auch nicht mittendrin, nein, ganz vorne steht er, eine Galionsfigur der Moderne, dem Zeitgeist immer voraus. Als Stylist, Model, Kunst- oder Aktienhändler, PR-Manager, Designer und immer wieder Designer. Hauptsache in einer Agentur. Oder in einem Showroom. Oder in einem Studio. "Stylish" ist sein Mantra, Design die Religion. Gay ist er, na und? Andere haben auch rote Haare. Und niemand soll behaupten, dass es ihm noch schlecht ginge auf dieser Welt. Diskriminierung? "Jeder soll leben, wie er mag, aber anderen steht es frei, diese Lebensentscheidungen zu beurteilen", schrieb dazu passend Jens Bisky in der SZ.

Schwule Lebensstile, sagen die Stylishs, haben sich differenziert, dem Lauf der Zeit sei Dank! Dabei ist es zum Hauen und Stechen gekommen, schließlich will jeder der Erste sein, der Bessere, und nur einer kann ankommen an der Spitze, und alle anderen bleiben zurück. Der Hass des homosexuellen Mannes auf den homosexuellen Mann ist so alt wie die Erfindung der Spezies. Und genauso alt ist sein Wunsch, nicht homosexuell zu sein. Früher, vor über 50 Jahren, da hießen die Stylishs noch Homophile, legten viel wert auf Stil und verachteten die Homosexuellen. Und dennoch haben sie verloren.

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kari

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