Illegale Downloads: Provider sollen Polizei spielen

Internetprovider sollen den Anschluss sperren, sobald Illegales zum Download angeboten wird. Davon träumt die schwedische Regierung. Musikindustrie begeistert, Provider entsetzt.

Bitte bitte kaufen, statt kopieren: Sonst schweigt der Anschluß. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Internetprovider sollen gezwungen werden können, einseitig das Abonnement ihrer KundInnen zu kündigen, wenn diese urheberrechtsgeschützte Filme oder Musikstücke zum illegalen Download ins Netz stellen. Dies sieht der Vorschlag zu einer Gesetzesänderung vor, der jetzt auf dem Tisch der schwedischen Regierung liegt. Und über den sich der Verband der Musikbranche umgehend positiv äusserte.

"Ich halte es nur für recht und billig, wenn derjenige, der technische Möglichkeiten bereitstellt auch in die Pflicht genommen wird, wenn es darum geht, illegale Handlungen zu stoppen", begründet Cecilia Renfors, Verfasserin eines von der Regierung bestellten entsprechenden Gutachtens ihren Gesetzesvorschlag. Konkret stellt sie sich die Prozedur so vor, dass zwar die Internetprovider nicht selbst aktiv werden müssen, um illegalem Datenverkehr auf die Spur zu kommen. Aber die Inhaber von Urheberrechten bzw. deren Interessenverbände können ja ermitteln, von welchen Rechner-Adressen aus copyrightgeschütztes Material zum Download zur Verfügung gestellt wird. Und dann notfalls im Rahmen eines gerichtlichen Verfahren den Internetprovider dazu veranlassen, diesen den Internetzugang zu kappen. Eine Weigerung soll mit empfindlichen Geldbussen für die Provider bestraft werden.

"Unsinnig und nicht praktikabel", empört sich Marcus Nyhlén, Chef von Bredbandsbolaget, einem der führenden schwedischen Internetprovider, über den Vorschlag: "Das läuft doch letztendlich nur wieder darauf hinaus, den Nutzern Angst machen zu wollen." Ausserdem versuche der Entwurf "uns zu regelrechten Hilfspolizisten" zu machen. Zwar habe man nichts dagegen in Fällen schwerer Kriminalität mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Und dies geschehe auch jetzt schon. Anders verhalte es sich aber bei den Hunderttausenden Anbietern und Nachfragern von Daten, um die es bei diesem Gesetzesvorschlag gehe.

Die Provider könnten sich ja nicht einfach auf die Angaben der Branchenorganisationen der Musik- und Filmindustrie verlassen, wonach von einem bestimmten Rechner aus Material bereitgehalten werde. Sondern müssten das in jedem Einzelfall selbst überprüfen, um sich nicht möglichen Schadensersatzansprüchen auszusetzen. Eine Rolle, welche man dankend ablehne und auch theoretisch nicht übernehmen könnte: "Dass ist ja so ähnlich, wie man von der Post verlangen würde, jeden Brief zu öffnen."

Patrik Hiselius, Jurist bei Teliasonera, Schwedens Telekom, sieht das so ähnlich: "Es gibt so viel Illegales im Internet. Das ist Sache der Polizei und der Justiz, die müssen das lösen. Es geht nicht an, uns die Verantwortung dafür in die Schuhe zu schieben." Andere KritikerInnen des Vorschlags befürchten, dass eine solche Gesetzesverschärfung nur die Entwicklung und Ausbreitung der bereits vorhandenen Technik, Rechner-Adressen und Tauschnetzwerke zu verschleiern und abzuschirmen noch beschleunigen werde. Was dann vor allem schwerkriminellen Akteuren, wie Produzenten von Kinderpornografie zugute kommen würde.

Die Platten- und Filmbranche würde eine grössere Verantwortung der Provider natürlich sehr begrüssen. Ludwig Werner, Vorsitzender der schwedischen Sektion der Branchenorganisation IFPI (International Federation of the Phonographic Industry): "Legt man die Verantwortung auf den Provider, hätten wir es sehr viel einfacher, den illegalen Download von Musik und Filmen zu stoppen."

IFPI versucht auch in Schweden schon seit längerem durch Gerichtsverfahren den Download über Internettauschbörsen oder Bit-Torrent-Tracker wie "Piratebay" zu erschweren. Hat dabei in Einzelfällen eine Verurteilung zu Geldbussen erreicht, ist aber beim Versuch gescheitert, die Internetprovider zur Herausgabe der Personendaten zwingen zu können, die sich hinter den IP-Adressen der Rechner verbergen. In Umfragen haben sich über 75 Prozent aller 15- bis 19-jährigen und fast 50 Prozent aller schwedischen InternetnutzerInnen zum regelmässigen illegalen Download von Musik und Filmen bekannt. Die Provider bekämen also nicht nur viel zu tun, müssten sie hier aktiv werden, sondern müssten auch mit einem erheblichen Kundenschwund rechnen.

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