Soldaten in Afghanistan: Linke unter Beschuss

Der Bundestag hat mit großer Mehrheit den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, einschließlich Tornado-Einsatz, um ein Jahr verlängert.

Sie dürfen für ein weiteres Jahr bleiben. Bild: ap

BERLIN taz 453 von 581 Abgeordneten sprachen sich dafür aus, den Bundeswehreinsatz am Hindukusch um ein Jahr zu verlängern. Das Mandat erlaubt den Einsatz von bis zu 3.500 Bundeswehr-Soldaten in der Nato-geführten Schutztruppe Isaf sowie von sechs Tornado-Aufklärungsflugzeugen. Einsatzgebiet bleiben weiterhin der Norden und Kabul, die Tornados dürfen über das gesamte Staatsgebiet fliegen, um Aufklärungsbilder zu liefern.

Die Bundesregierung hatte die beiden Einsätze in einem Mandat zusammengelegt. So wanderten besonders aufseiten der SPD eine Reihe von Tornado-Skeptiker, die bei der erstmaligen Abstimmung im März noch ablehnend votiert hatten, in das Lager der Einsatzbefürworter. Über das dritte Mandat, Operation Enduring Freedom, (OEF) stimmt der Bundestag erst im November ab.

Der überwältigende Teil der Befürworter kam wie erwartet aus dem Lager der Koalitionsparteien sowie der FDP. Die Linksfraktion votierte geschlossen gegen die Verlängerung des Einsatzes, die Grünen-Fraktion enthielt sich mehrheitlich der Stimme.

In einer kontrovers und emotional geführten Debatte hatten die Fraktionen ihre Position vor der Abstimmung noch einmal bekräftigt. Alle Redner verwiesen auf die Erfolge beim Wiederaufbau, insbesondere im Schul- und Gesundheitswesen sowie im Bereich der Menschenrechte. Zugleich forderten die Skeptiker die Bundesregierung auf, ihre Mittel für den zivilen Wiederaufbau zu erhöhen und den Polizeiaufbau voranzutreiben.

Unter Beschuss geriet einmal mehr die Linke, die den Einsatz für völkerrechtlich fragwürdig hält und sich seit langem für einen kompletten Rückzug aus Afghanistan ausspricht. Die Isaf sei, "gemessen an ihren eigenen Zielen, gescheitert", sagte Parteivorsitzender Lothar Bisky. Die Schutztruppe werde "immer mehr zu einer Kampftruppe." Mit einer Verlängerung unterwerfe man sich der Eskalationsstrategie der Nato. Das lehne die Linke entschieden ab.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) warf der Partei vor, mit ihrer Haltung linke Grundsätze zu verraten: "Es ist nicht links, zu sagen, militärisch darf keine Aktion stattfinden." Selbstmordattentaten mit Gewaltfreiheit begegnen zu wollen, sei der falsche Weg. Sie stellte neue Schwerpunktsetzungen im Bildungswesen und beim Aufbau der afghanischen Sicherheitsorgane in Aussicht.

Auch die FDP verband ihre Zustimmungsbegründung mit scharfen Angriffen auf die Linke. Die Rückzugsbefürworter müssten es verantworten, wenn Kabul anschließend "wieder zur Hauptstadt des Terrorismus der Welt" würde, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Allein schon aus Eigeninteresse sei Abzug keine Lösung: "Wir tun das für Afghanistan und noch mehr für uns selbst." An die Adresse der Bundesregierung gerichtet, sagte Westerwelle, es müsse mehr Geld für funktionierende Polizeistrukturen ausgegeben werden.

Die Grünen waren von einem einheitlichen Stimmverhalten weit entfernt. Die Basis hatte sich beim jüngsten Sonderparteitag in Göttingen gegen die Parteispitze durchgesetzt und der Fraktion auferlegt, mit Nein zu stimmen oder sich zu enthalten. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast beteuerte, die Fraktion sei mehrheitlich davon überzeugt, dass eine weitere Isaf-Beteiligung nötig sei. Aufgrund der Verknüpfung mit dem umstrittenen Tornado-Mandat könne die Fraktion der Bundesregierung jedoch "nicht einfach so Prokura geben". Militärisch seien die Taliban nicht zu besiegen, ein Strategiewechsel sei unumgänglich. 15 Grüne votierten letztlich mit Ja. Die Mehrheit der Fraktion enthielt sich der Stimme, um nicht gegen den Parteitagsbeschluss zu verstoßen.

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