Polens Premier Kaczynski abgewählt: Da war es nur noch ein Zwilling

Die polnische Wahlkommission hat die liberale PO von Donald Tusk nach Auszählung von drei Vierteln der Stimmen zum Wahlsieger erklärt. Der Anfang vom Ende der Ära Kaczynski.

Kaczynski-Besieger: Donald Tusk lässt sich feiern. Bild: dpa

WARSCHAU dpa/afp/taz Nach einem äußerst polarisierenden Wahlkampf haben die Polen gestern den Regierungswechsel gewählt. Der bisherige Regierungschef und Zwillingsbruder des Präsidenten Jaroslaw Kaczynski errang bloß knapp ein Drittel der Wählerstimmen. Wie die polnische Wahlkommission am Montag Morgen mitteilte, errang Kaczynskis konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nur 32 Prozent der Stimmen. Sieger der Wahl ist der bisherige Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalen Bürgerplattform (PO): Für seine Partei entschieden sich demanch rund 41 Prozent der Wahlberechtigten. Die Demokratischen Linke (LiD) des ehemaligen Präsidenten Aleksander Kwasniewski kam auf 13, die Bauernpartei PSL knapp 10 Prozent.

Abgestraft wurden dagegen die rechte Liga der Polnischen Familien und die populistische Selbstverteidigung (Samoobrona). Sie scheiterten an der Fünfprozenthürde, erhielten jeweils weniger als zwei Prozent. Damit fehlen dem noch regierenden Kaczynski die Koalitionspartner.

Die Bürgerplattform (PO) von Oppositionschef Donald Tusk kam auf einen Anteil von 41,2 Prozent und bekäme demnach 205 der 460 Sitze im Unterhaus, dem Sejm. Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) des bisherigen Regierungschefs Jaroslaw Kaczynski errang 32,2 Prozent der Stimmen und damit 166 Sitze.

Das Mitte-links-Bündnis Linke und Demokraten (LiD) des ehemaligen Präsidenten Aleksander Kwasniewski bekam nach bisherigem Auszählungsstand 13 Prozent der Stimmen, die Bauernpartei PSL 9,7 Prozent. Die früheren Bündnispartner der PiS, die radikale Bauernpartei Samobroona (Selbstverteidigung) und die rechtskonservative Liga polnischer Familien (LPR), verpassten mit Stimmenanteilen von 1,61 und 1,27 Prozent den Wiedereinzug ins Unterhaus deutlich. Bislang wurden drei Viertel der Stimmen ausgezählt. Das endgültige Ergebnis will die Wahlkommission am Dienstag bekannt geben.

Die Wahl war auch ein Referendum über zwei Jahre Regentschaft der Zwillingsbrüder Jaroslaw und Lech Kaczynski, die als Premierminister beziehungsweise Staatschef amtieren. Vor allem in der EU profilierten sich die Brüder als Bremser. Im Verhältnis zum großen westlichen Nachbarn dominierten antideutsche Töne. In der Wahlkampagne setzte die PiS auf die boomende Wirtschaft. Den Aufschwung allerdings verdankt Polen vor allem dem EU-Beitritt und den Fördermitteln aus Brüssel.

PO-Chef Tusk dagegen, der sich vor allem mit zwei TV-Duellen gegen Kaczynski und Expräsident Kwasniewski von der LiD durchsetzen konnte, vermittelte das Bild des Pragmatikers ohne Ressentiments. Eine "Revolution" werde es im Falle eines Sieges der PO aber nicht geben, sagte er bei der Stimmabgabe in Warschau. Kwasniewski hoffte auf mehr Normalität und Stabilität.

Rund 30 Millionen Polen waren gestern zur Stimmabgabe aufgerufen. Der Ausgang der Wahl hängt erheblich von der Beteiligung ab, die gut 55 Prozent betrug. Vor zwei Jahren lag sie nur bei 40,5 Prozent. Damals waren die Menschen auf dem Land, unter denen die PiS viele AnhängerInnen hat, zu den Urnen geströmt, während die Städter zu Hause blieben.

Das polnische Parlament hatte im September mit dem Beschluss zur Selbstauflösung den Weg für Neuwahlen freigemacht. Vorangegangen war eine wochenlange Krise nach dem Zerfall von Kaczynskis Regierungskoalition. Seitdem hatte die Regierung keine parlamentarische Mehrheit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.