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Archiv-Artikel

Erste Einigungen beim Waldschutz

ABHOLZUNG Wie die Bäume in den Klimaschutz eingerechnet werden, ist geklärt. Doch wer bezahlt dafür?

Es gibt Versuche, den Waldschutz zu einem Riesengeschäft für die Kohleindustrie zu machen

KOPENHAGEN taz | Nicht nur bei den Gesamtverhandlungen, auch bei Einzelthemen wie dem Waldschutz drehen sich die UN-Klimaverhandlungen vor allem um eine Frage: Wie viel Geld legen die Industriestaaten auf den Tisch? „Das ist vielleicht die Frage, die die Konferenz insgesamt überschattet“, sagt Christoph Thies von Greenpeace International. Er ist Experte für das heiß diskutierte Thema REDD. Das Kürzel steht für die Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und durch Schädigung von Wäldern. Nach neuesten Berechnungen tragen diese Emissionen etwa 15 Prozent zu den menschengemachten Treibhausgasen bei.

Deshalb soll der Schutz von Wäldern in ein neues Klimaabkommen einbezogen werden. „Der politische Wille wäre vorhanden, wenn von den Industriestaaten eine klare Finanzzusage käme“, so Thies. Geklärt werden konnte immerhin, wie man die durch Bäume eingesparte Emission je nach Art und Beschaffenheit der Bäume zählt. Auch zeichnet sich ab, dass als Referenzzahlen die historischen Emissionen gelten sollen und nicht die in die Zukunft projizierten. „Ansonsten würde die Gefahr bestehen, dass jedes Land behauptet, dass seine Entwaldungsrate enorm steigen werde, um dann eine entsprechend hohe Gegenfinanzierung für die Nichtabholzung zu kassieren“, sagt Raja Jarrah von Care International.

Doch noch sind viele Fragen stark umstritten: zum einen die nach dem Gesamtziel. Laut der Europäischen Union soll bis zum Jahr 2020 die sogenannte Bruttoentwaldung, also die Zahl der abgeholzten Bäume ohne Gegenrechnung der Aufforstung, um die Hälfte reduziert werden. Bis 2030 soll die Nettoentwaldung komplett gestoppt werden. Doch Letzteres bedeute noch lange keinen Schutz für Urwälder, warnen Umweltschützer. Denn für jeden abgeholzten Baum dürfe dann zum Ausgleich ein neuer Baum gepflanzt werden.

Viele Entwicklungsländer lassen sich aber bisher gar nicht auf ein zeitliches Gesamtziel ein. Sie müssten ansonsten dieses Ziel unabhängig von der Frage erreichen, mit viel Geld der Stopp der Entwaldung kompensiert würde.

Daran knüpft die zweite offene Frage an: Wie viel Geld wird fließen, und wo soll es herkommen? Zur Diskussion stehen ein Fonds und eine marktbasierte Lösung über den Emissionshandel. „Es gibt vor allem von den USA und Kolumbien Versuche, das Thema Waldschutz zu missbrauchen, um ein Riesengeschäft für die Kohleindustrie herauszuholen“, warnt Thies. Etwa indem die US-Amerikaner in brasilianische Urwälder investieren, dafür Emissionszertifikate erhalten und kaum Anstrengungen zur Treibhausgasminderung im eigenen Land unternehmen müssten. „Wer diese Möglichkeiten nicht begrenzt, verfolgt meiner Ansicht nach nur kurzfristige Gewinnziele.“

Der dritte strittige Punkt: Inwiefern werden die Rechte der indigenen Völker geschützt, die von dem Wald leben? „Die Rechte finden sich derzeit nur in der Präambel wieder“, kritisiert Jarrah von Care International. „Wenn sie nicht im eigentlichen Verhandlungstext auftauchen, könnten sie faktisch unwirksam sein.“ Auch Thies warnt: „Das wäre eine Katastrophe.“ NADINE MICHEL