: Wichtiger Faktor: Humanität
betr.: „Knüppel frei für Sarkozy“ u. a. (Ausnahmezustand in Frankreich), taz vom 9. 11. 05
Ausnahmezustand in Paris. Die Frage ist, ob es wirklich eine Ausnahme bleibt.
Ist es denn nicht unerheblich, von wem die Gewalt ausgeht, wenn diese aus Gründen der mangelnden Chancengleichheit und aufgrund von Armut entsteht? Sollte nicht auch die Einführung der Sozialversicherung zu Ende des 19. Jahrhunderts die potenziell rebellierende Arbeiterschaft in das System integrieren? Wer glaubt, dass derartige Proteste, wie sie in Paris durch Immigranten zum Ausdruck kommen, nicht auch durch Einheimische verübt werden könnten, der irrt gewaltig. Und das gilt insbesondere auch für Deutschland.
Die sukzessive Zunahme der Armut, etwa durch weitere Einschnitte in der Hartz-Gesetzgebung und das Nichtvorhandensein von Arbeitsplätzen, könnten auch bei einer großen Gruppe der einheimischen Bevölkerung zunehmend zu wachsendem Unmut führen. Wie dieser sich dann auswirkt, bleibt abzuwarten. Nur eines ist sicher, dauerhaft wird es keine Gruppe hinnehmen, von Wohlstand und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen zu bleiben. Sollte nicht mehr darüber nachgedacht werden, wie wichtig der Faktor Humanität in einer Gesellschaft ist? Ökonomische Ziele müssen erreicht werden, selbstverständlich, aber dies sollte nicht zu Lasten des sozialen Friedens geschehen. MICHAEL JÖRNS, Kassel
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