Häusliche Gewalt gegen Frauen: Schlecht für den Aufschwung

Jede vierte Frau in Deutschland wird zu Hause geschlagen. Die Arbeitsausfälle, Krankenhauskosten und Polizeieinsätze schaden auch der Volkswirtschaft. Terre des femmes will Unternehmen wachrütteln.

Terre de femmes: Unproduktives Handeln Bild: dpa

Gewalt in den eigenen vier Wänden ist kein Privatproblem - das war der Tenor bei der Tagung "Business gegen häusliche Gewalt", die die Frauenrechtsorganisation Terre des femmes gestern gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltet hat. Anlässlich des internationalen Tages "NEIN zu Gewalt gegen Frauen" am Sonntag will Bundesgeschäftsführerin Christa Stolle "eine bundesweite Allianz von Unternehmen gegen häusliche Gewalt" ins Leben rufen.

Dabei erwartet man von der Geschäftswelt keinen Akt der Nächstenliebe. Vielmehr läge es auch im finanziellen Interesse der Unternehmen, sich gegen häusliche Gewalt auszusprechen, so Terre des femmes. Denn: der Schaden für die Volkswirtschaft ist enorm. Das niedersächsische Sozialministerium rechnet in Deutschland jährlich mit Einbußen von fast 15 Milliarden - durch Arbeitsausfälle, medizinische Behandlungen und polizeiliche Einsätze. "In Deutschland wird das Thema immer noch als Privatangelegenheit abgestempelt", sagt Serap Altinisik, Leiterin des Referats Häusliche Gewalt. Tatsächlich seien aber Frauen, die zu Hause verprügelt werden - laut Terre des femmes jede Vierte - auch im Beruf nicht produktiv. Fast ein Viertel der Arbeitsausfälle von Frauen sei auf häusliche Gewalt zurückzuführen. Hinzu komme die Gefährdung durch den Täter selbst. Laut einer US-Studien werden über 70 Prozent der Opfer von ihren Peinigern zu ihrem Arbeitsplatz verfolgt. Spätestens, wenn ein gewaltbereiter Ehemann im Büro auftaucht, muss sich der Betrieb dem Thema stellen.

Um Frauen und damit das Unternehmen selbst besser gegen derartige Übergriffe zu schützen, bauen die Veranstalter auf eine "Workplace Policy", eine freiwillige Selbstverpflichtung, wie sie im angelsächsischen Raum verbreitet ist. Darin spricht sich die Geschäftsführung öffentlich gegen häusliche Gewalt aus - durch Newsletter, Aushänge auf den Toiletten, Einführung eines Ansprechpartners oder Infoveranstaltungen, die sich nicht nur an Betroffene richten, sondern auch an deren Kollegen appellieren, wachsam zu sein. In den meisten Fällen sei es aber gerade der Chef, der als Erster die Zeichen häuslicher Gewalt bemerke. Er sei es, der die Krankheitstage und ein Abfallen der Leistung registriere, sagt Deborah McIlveen, die Verantwortliche für die Workplace Policy der Kosmetikkette Body Shop, die bisher als einziges Unternehmen in Deutschland eine Selbstverpflichtung hat.

Es sei wichtig, dass sich das Unternehmen auch nach außen - in den Medien, auf der Website und durch Poster im Laden - gegen häusliche Gewalt positioniere, so McIlveen - um das Thema zu enttabuisieren und den Betroffenen den Rücken zu stärken.

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