Kommentar Putin soll Premier werden: Stabil undemokratisch

Die jüngste russische Personalrochade erinnert an frühere Zeiten, wo sich Vertreter der Kremlgarde gegenseitig für ihre grandiosen Erfolge beim Aufbau des Sozialismus lobten.

Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem wahrscheinlichen Nachfolger, Dmitri Medwedjew, sei Dank: Kremlastrologen haben dieser Tage wieder Hochkonjunktur. Nachdem Putin erst Medwedjew als Präsidentschaftskandidaten auf den Schild gehoben hat, revanchiert sich dieser nun prompt und schlägt Putin für das Amt des Regierungschefs vor. Derlei demonstrativ zelebrierte Geschlossenheit erinnert an frühere Zeiten, wo sich Vertreter der Kremlgarde gegenseitig für ihre grandiosen Erfolge beim Aufbau des Sozialismus lobten.

Viel deutet darauf hin, dass der jüngste Vorstoß von Medwedjew Teil eines Handels ist und ein weiterer Versuch von prominenter Stelle aus, für die kommenden Jahre Putins Verbleib an der Macht zu sichern. Zwar ist dieses Szenario keineswegs neu. Medwedjes Vorschlag enthebt Putin jedoch der Peinlichkeit, sich noch einmal selber für dieses Amt ins Gespräch zu bringen und wiegt weitaus schwerer als die landesweit gegründeten Komitees zur Unterstützung des Präsidenten.

Noch ist unklar, wie Putins Pläne genau aussehen. Sollte er jedoch tatsächlich neuer Premierminister werden, wäre auch eine Verfassungsänderung zu seinen Gunsten nicht ausgeschlossen - auch das wäre dann wohl ein Bestandteil der Absprache.

Doch unabhängig davon, wie sich der scheidende, über alle Maßen hofierte Präsident entscheiden wird und welche Personalrochaden in den nächsten Wochen und Monaten noch folgen werden - eine Botschaft ist klar: Russland wird nach den Präsidentschaftswahlen im März auch unter einem neuen Mann an der Spitze stramm auf Putin-Kurs bleiben. Damit wären dann alle Hoffnungen auf eine, wenn auch noch so minimale, Verschiebung von Akzenten in der Innen- und Außenpolitik endgültig zunichte gemacht. Die Mehrheit der Russen wie auch die politisch Verantwortlichen im Westen werden mit dieser Tatsache gut leben können. Denn das Zauberwort heißt Stabilität. Der Preis, zu dem diese erkauft wird, ist jedoch die Demokratie.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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