StudiVZ besinnt sich auf Heimatmarkt: Angst vor der US-Konkurrenz

Das größte soziale Netzwerk Deutschlands muss seine Strategie ändern. Um gegen den US-Riesen Facebook bestehen zu können, will es seine Ressourcen auf Deutschland konzentrieren.

Die Kontakseite eines der Gründer des Projekts Bild: screenshot studivz, taz archiv

Eigentlich sollte aus StudiVZ, dem derzeit marktführenden "Social Networking"-Anbieter hier zu Lande, ein internationaler Erfolg werden. Doch das 2007 vom Verlagsriesen Holtzbrinck für gerüchteweise 85 Millionen Euro aufgekaufte Start-up muss diese Pläne überdenken. Wie Geschäftsführer Markus Riecke gegenüber der FAZ angab, werde sich das derzeit als Studenten- und Schülernetzwerk positionierte Berliner Unternehmen künftig "voll auf den deutschsprachigen Raum" konzentrieren. Die Ableger in Frankreich, den spanischsprachigen Ländern, Italien und auch in Polen, wo der Dienst sein stärkstes Auslandsangebot hatte, sollen zwar nicht aufgegeben, aber zunächst nicht mehr weiterentwickelt werden. Die Länder würden ab sofort "nur minimal" besetzt, sagte Riecke.

Die Konzentration auf den deutschen Markt, wo StudiVZ und sein kleinerer Ableger SchülerVZ derzeit die meistbesuchten Websites (laut dem Zähldienst IVW) stellen, scheint mit der Ankündigung Facebooks zu tun zu haben, seinen Dienst internationalisieren zu wollen. Der US-Anbieter, an dem sich StudiVZ besonders in der Anfangsphase stark orientierte, gilt derzeit als heißestes soziales Netzwerk im Netz und wird mit 15 Milliarden Dollar bewertet. Es soll mit Hilfe der Nutzer zügig in Fremdsprachen übersetzt und auch hier zu Lande vermarktet werden, wie Firmenvertreter angaben.

Neben der Veränderung beim Länderfokus kündigte StudiVZ noch weitere Neuerungen an. So will man neben dem Studenten- und dem Schülerverzeichnis noch ein drittes Netzwerk starten, das sich an Menschen richtet, die das Studium hinter sich haben oder nicht studierten. Facebook war ebenfalls zunächst als Studentennetz gestartet, öffnete sich dann aber auch für andere Zielgruppen. Im Gegensatz dazu plant StudiVZ keine einheitliche "Marke", sondern den Betrieb dreier Netze, bei denen allerdings die Übernahme von Daten und die Kommunikation untereinander möglich sein soll. An Namen kolportiert wurden für das neue Netz bereits "AlumniVZ" und "FreundeVZ". Insgesamt will man mit allen drei Segmenten bis Ende 2008 14 Millionen Nutzer erreichen - ein ambitioniertes Ziel, das einer Verdoppelung der Userzahl entsprechen würde.

Auch in einem weiteren Bereich orientiert sich StudiVZ einmal mehr an Facebook: Das Unternehmen hat laut Geschäftsführer Marcus Riecke in den letzten Monaten seine Technologie umgebaut und bereitet sich darauf vor, im ersten Quartal eine Anwendungsschnittstelle (API) zu öffnen, über die Drittanbieter eigene Programme schreiben können, die dann bei StudiVZ & Co. laufen. Facebook hatte damit große Erfolge erzielt - vom Spiel bis zum Kommunikationstool existieren dort inzwischen über 10.000 so genannte "Apps". StudiVZ will allerdings nicht ganz so offen vorgehen, wie dies Facebook tut und sich seine Partner genauer auswählen. Daneben plant das Netzwerk die Teilnahme an der Initiative "Open Social", die gemeinsame Standards und Schnittstellen für den "Social Networking"-Bereich erarbeitet und vom Suchmaschinenkonzern Google und anderen Anbietern gegen Facebook positioniert wurde. "Die Chancen, dass wir an Open Social teilnehmen, sind sehr groß", sagte Riecke.

Im Bereich des Datenschutzes will StudiVZ aktiver vorgehen. Der Anbieter war im Dezember in die Schlagzeilen geraten, weil er seine Nutzer durch neue Geschäftsbedingungen verärgert hatte, die ihm die Möglichkeit personalisierter Online-Werbung eröffneten. Riecke gab sich am Montag bei einer Veranstaltung im Rahmen des zweiten Europäischen Datenschutztages in Berlin recht geläutert. Man habe Kommunikationsfehler begangen, für die man sich ausdrücklich entschuldigen wolle. Zusammen mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten und weiteren Gesellschaftsvertretern habe man einen runden Tisch gebildet, zu dem man auch Mitbewerber einladen wolle.

Um die neuen Geschäftsbedingungen kommen die StudiVZ-Nutzer aber trotzdem nicht herum: Sie müssen akzeptiert werden, damit man im Netzwerk bleiben kann. Riecke sagte gegenüber der FAZ, 90 Prozent der Nutzer hätten dies aber bereits getan. Zeit sei noch bis Ende März: "Wer dann nicht zugestimmt hat, dessen Profil werden wir löschen, da wir davon ausgehen, dass diese Menschen dann keine Mitglieder sein wollen."

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