Prozess gegen Mutter von toten Babys: "Ich bin mir selbst ein Fragezeichen"

In einem neuen Prozess spricht eine Mutter erstmals darüber, warum sie neun ihrer Babys sterben ließ. An die Taten könne sie sich aber nicht erinnern.

Im ersten Prozess 2006 sagte die Angeklagte nichts. Bild: ap

FRANKFURT (ODER) taz Sabine H. hat jetzt viel Gelegenheit zu grübeln. "Wenn man etwas in der JVA hat, ist das Zeit", sagte die 42-Jährige, die seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzt. Wirklich weitergebracht habe sie das aber nicht bei der Frage, warum sie neun ihrer dreizehn Kinder sterben ließ. "Ich bin mir selbst ein Fragezeichen", sagte sie am Donnerstag vor dem Landgericht Frankfurt (Oder).

Zum zweiten Mal muss sich Sabine H. jetzt vor den Richtern verantworten. Anders als beim ersten Prozess sagt sie nun umfassend aus.

Die Fakten selbst sind klar: Sabine H. hat zwischen 1988 und 1998 neun Kinder zur Welt gebracht und ließ sie sterben. Sie hat die Babys nach der Geburt nicht versorgt. Die toten Kinder versteckte sie in einer Plastikwanne, in Eimern, in einem Aquarium und in einem Wäschekorb. Die Behältnisse standen zunächst auf dem Balkon, später auf dem Grundstück der Mutter.

Dort wurden die Leichen dann zufällig entdeckt. Der Vater der toten Kinder musste sich bisher vor Gericht nicht verantworten. Er hatte angegeben, nicht bemerkt zu haben, dass seine Frau schwanger war und Kinder geboren hatte. Am Donnerstag machte die Angeklagte jedoch Andeutungen, dass ihr Mann doch etwas geahnt haben könnte.

Mitte 2006 wurde Sabine H. wegen Totschlags in acht Fällen zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der Fall eines 1988 geborenen Kindes ist verjährt. Der Anwalt legte Berufung ein und der Bundesgerichtshof (BGH) gab ihm im März 2007 teilweise Recht. Den Schuldspruch an sich - Totschlag durch Unterlassen - stellte der BGH nicht in Frage. Jedoch habe das Gericht nicht ausreichend geprüft, ob die Angeklagte überhaupt voll schuldfähig sei. Er verwies das Verfahren an das Frankfurter Landesgericht zurück. Dort richtete sich das Augenmerk zunächst auf einen Punkt: Wie sehr hat ihr ständiges Trinken die Mutter beeinflusst. Stark, so der Tenor ihrer Aussage. Sie zeichnet das Selbstbild einer Frau, die Kinder hat, bevor sie selbst richtig erwachsen ist, und sich mehr und mehr in den Alkohol flüchtet. An die Taten selbst könne sie sich nicht erinnern. Ein neuer Gutachter soll nun über ihre Schuldfähigkeit urteilen. Der Prozess wird am 28. Februar fortgesetzt.

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