Leibesübungen II: Geburtsort "Otti Grill"

Aus dem insolventen Sportverein Yesilyurt ist der Sportklub Yesilyurt geworden. Der neue Verein versucht, an die Tradition des Vorgängers anzuknüpfen.

"Das mit dem Fußball machen wir dann mal weiter", schworen sich im November insgesamt 13 Aufrechte, als sie im "Otti Grill" in Alt-Moabit den Sportklub Yesilyurt (SK) gründeten.

Der Vorgänger, der Sportverein Yesilyurt (SV), hatte zuvor ganz nach dem Motto "Wir sind dann mal weg" gehandelt: Die Führungsriege meldete Insolvenz an und den Club im 35. Jahr seines Bestehens in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom laufenden Spielbetrieb ab (die taz berichtete). Dann ging sie größtenteils beim Weddinger Rivalen Ankaraspor (BAK) vor Anker, zahlreiche Yesilyurt-Mitglieder folgten.

"Sie haben uns belogen und betrogen", wettert ein verbitterter Veysel Sayilgan, früher der Geschäftsstellenleiter des SV, jetzt Kassierer beim SK. Noch ist der SV nicht "abgewickelt" worden. Angeblich soll der Verein hohe Schulden hinterlassen haben.

Völlig geräuschlos geht der Epochenwechsel bei Yesilyurt (zu Deutsch: "Grüne Heimat") nicht über die Bühne. Sayilgan hat gegen drei SV-Funktionäre Strafanzeige wegen Körperverletzung erstattet. Das Trio habe ihn gedrängt, Vereinsstempel, Spielerpässe und den Schlüssel zur Geschäftsstelle herauszugeben, behauptet er. Die Beschuldigten bestreiten dies. "Die Anzeige läuft, ich ziehe sie nicht zurück", betont Veysel Sayilgan. Was er beim verblichenen SV vermisste, soll jetzt zur Maxime des SK werden: "Wir haben demokratische Strukturen und müssen transparent sein. Unser Ziel ist es, dass der Verein am Leben bleibt."

Am 12. Dezember wurde der neue SK ins Vereinsregister eingetragen. Bisher zählt er rund 160 Mitglieder, zwei Herren- und fünf Jugendteams gibt es bisher. Dem Vorsitzenden, Michael Schröter, fiel es offenbar nicht schwer, die Leute zum Bleiben zu bewegen. "Ich hatte keine Lust, zum BAK zu wechseln, und habe gefragt, wer noch nicht mit zum BAK wechseln will", erzählt der Informatiker.

Seit der Berliner Fußball-Verband am 31. Januar den Aufnahmeantrag des SK akzeptiert hat, fühlt sich auch Sayilgan wohl in seiner neuen Haut: "Wir wollen unsere Tradition fortsetzen", sagt er euphorisch. Im Sommer wird der Neuling in der Kreisklasse C einen Neuanfang wagen. Möglicherweise können die SK-Teams bis dahin sogenannte Pflichtfreundschaftsspiele gegen die künftigen Punktspielgegner austragen.

"Uns haben fast alle belächelt. Keiner hat es für möglich gehalten, dass wir weitermachen", sagt Schröter nicht ohne Stolz. Mit seinen 26 Jahren hat man den früheren C-Jugendtrainer des SV, der diese Position auch beim SK bekleidet, wohl für zu unerfahren für das Vorstandsamt gehalten. Sein Stellvertreter, Tugrul Cilingir, der die B-Jugend betreut, ist mit 22 Lenzen noch jünger.

Die Neugründung firmiert derzeit noch unter einem Postfach. Das Poststadion an der Lehrter Straße soll wieder zur "Grünen Heimat" werden, dort residierte schon der alte SV in einem schmucken Häuschen. Mit Verwunderung stellte SK-Chef Schröter fest, "dass der BAK unsere Geschäftsstelle im Poststadion übernommen hat, ohne dass der SV Yesilyurt eine Kündigung erhalten hätte".

Womöglich kreuzen sich die Wege der Rivalen früher, als sie gedacht hätten.

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