: Wie viel Geld fürs Wohlbefinden?
Von der Brille bis zur Behandlung durch den Chefarzt offerieren Krankenkassen zusätzliche Versicherungen. Nicht alle rechnen sich, sagt Dörte Elß von der Patienten- und Pflegeberatung der Verbraucherzentrale Berlin
taz: Frau Elß, die gesetzlichen Krankenkassen bieten ihren Mitgliedern eine Reihe von zusätzlichen Versicherungen an. Stoßen sie damit auf Interesse?
Dörte Elß: Viele Menschen kommen zur Verbraucherzentrale um sich deshalb Rat zu holen. Aber nicht nur das Interesse ist groß, auch die Unsicherheit.
Was verunsichert die Leute?
Vor allem ältere Menschen haben einerseits einen dringenderen Bedarf an guter Versorgung. Andererseits fehlt ihnen oft der Überblick: Was zahlt meine Krankenkasse überhaupt noch? Was werde ich mir noch leisten können? Und im Endeffekt ist immer entscheidend, dass die Leute sich klar darüber sind, was sie wirklich brauchen.
In welchen Bereichen konzentrieren sich die zusätzlichen Angebote?
Neben Zahnzusatzversicherungen sind das vor allem die Kosten für eine Behandlung beim Heilpraktiker, Erstattungen bei der Brille und für bestimmte Serviceleistungen im Krankenhaus. Bei Letzterem stehen die Chefarztbehandlung und eine Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer im Vordergrund.
Braucht man das alles denn überhaupt?
Diese Entscheidung muss letztlich jeder für sich fällen. Da bei gesetzlich Versicherten das Budget in der Regel enge Grenzen hat, gilt es Prioritäten zu setzen. So sollte sich zum Beispiel jeder vor Abschluss einer Zahnzusatzversicherung überlegen, welche Form des Zahnersatzes er absichern möchte.
Was raten Sie in solchen Fällen?
Bei zusätzlichen Versicherungen für Brillen kann man sich meistens schon fragen, ob sich das unbedingt rechnet. Wer sich eine Chefarztbehandlung garantieren lassen möchte, muss dafür in der Regel eine Menge zahlen. Aber sind Chefärzte wirklich immer besser? Wer im Krankenhaus ein Ein- oder Zweibettzimmer haben möchte, kann das auch vor Ort buchen und zahlt dafür Tagesgebühren. Auch hier stellt sich also die Frage, ob monatliche Zahlungen an die Krankenkasse der günstigste Weg dorthin sind. Zahnzusatzversicherungen wiederum sind ein weites Feld. Aber gerade mit ihnen kann – zumindest langfristig – viel Geld gespart werden. [Siehe taz vom 5. 11., die Red.]
Aber gerade ältere Menschen werden bei privaten Zahnzusatzversicherungen gar nicht mehr aufgenommen.
Bei einigen schon und auch bei den privaten Anbietern, die Kooperationen mit gesetzlichen Kassen eingegangen sind. Letztere allerdings bieten Senioren meist gleich ganze Pakete an. Beliebt ist zum Beispiel die Zahnzusatzversicherung kombiniert mit der Kostenerstattung beim Heilpraktiker. Aber Senioren sind nun ausgerechnet Patienten, die selten einen Heilpraktiker aufsuchen. Wobei Menschen, die darauf Wert legen, auch hier mit einer zusätzlichen Versicherung Geld sparen können.
Wird das Angebot der Nachfrage gerecht?
Das Angebot ist nicht unbedingt ein Problem. Aber woran es vor allem mangelt, ist gute Information und Beratung von Seiten vieler Kassen. Die Materie ist zum Teil wirklich unübersichtlich. Und das, wo es um unsere Gesundheit und unser Geld geht. Deshalb sind wir bei der Verbraucherzentrale derzeit gefordert, vielen Menschen Rat zu geben. INTERVIEW: LARS KLAASSEN