Der BND kann jetzt zeigen, wie es um seine Offenheit bestellt ist : Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
Gleich etliche Journalisten haben die Spione des Bundesnachrichtendienstes (BND) Mitte der 90er-Jahre bespitzelt. Halt, so ganz stimmt das offenbar nicht! „Der BND beschattet nicht Journalisten, sondern enttarnt ungetreue Mitarbeiter“, lautet derzeit noch die offizielle Sprachregelung von BND-Chef August Hanning. Seit seinem Amtsantritt 1998 hat er sich allerdings mehr Offenheit und Transparenz beim Geheimdienst auf seine Fahne geschrieben. Daran muss sich Hanning nun messen lassen und für eine schnelle und lückenlose Aufklärung sorgen, auch wenn er für den Skandal persönlich nicht verantwortlich zu machen ist. Wenn sich die betroffenen Journalisten diese Aufklärung erst in jahrelangen Verfahren vor Gericht erstreiten müssen, ist der Anspruch des BND auf Offenheit und Transparenz ebenso verwirkt wie Hannings persönliche Glaubwürdigkeit.
Zur Zeit der Vorfälle, in den Jahren 1993 bis 1995, war Konrad Porzner (SPD) Präsident des BND, ein bürokratischer Aktenverwalter; war „008“ Bernd Schmidbauer (CDU) Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, der sich gern mit geheimdienstlichem Flair umgab; und „Sheriff Silberlocke“ Manfred Kanther (CDU) verantwortlicher Bundesinnenminister. Von den dreien war nicht anders zu erwarten, dass sie für die Jagd auf Maulwürfe und Lecks im BND auch auf illegale Mittel zurückgreifen. Es war nicht die Zeit für Offenheit.
Diese zog erst 1996 mit dem neuen BND-Präsidenten Hansjörg Geiger in Pullach ein. Er machte den Dienst ein Stück weit transparenter, und auch August Hanning bekennt sich gern zu diesem Prinzip. Nun müssen diesem Bekenntnis auch Taten folgen. Will Hanning das von ihm immer wieder eingeforderte Vertrauen in den Dienst (wieder-)herstellen, muss er deutlich machen, dass die alte Zeit der Nebelkrieger endgültig vorbei ist. Allein mit öffentlichem Bedauern, einer pflichtgemäßen Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages und klärenden Gesprächsangeboten mit den bereits namentlich bekannten Betroffenen ist es dabei nicht getan. Auch die Übrigen und die gesamte Öffentlichkeit haben ein Recht auf eine rasche und vollständige Aufklärung der Affäre. Otto Diederichs