Kommentar Proteste gegen Chinas Regime: Olympischer Spießrutenlauf

Die Störaktionen bei der Entfachung des olympischen Feuers zeigen jetzt schon: Die Spiele sind das beste Forum, um gegen die Menschenrechtsverletzungen in China zu protestieren.

Was für ein Auftakt: Pekings Olympia-Chef Liu Qi war bei der Entfachung des olympischen Feuers mit seiner Rede noch nicht am Ende, da schafften es Aktivisten von Reporter ohne Grenzen trotz großer Sicherheitsvorkehrungen auf die Bühne. Einem von ihnen gelang es gar, ein Spruchband mit der Aufschrift "Boykottiert das Land, das die Menschenrechte mit Füßen tritt" zu entrollen. Die Fackel brannte, und der Lauf vom griechischen Olympia nach Peking konnte beginnen - und mit ihm hoffentlich auch ein langer und quälender Spießrutenlauf für die chinesische Regierung.

Der Demonstrant forderte zwar einen Boykott, doch gerade diese Aktion zeigt zugleich, dass es sehr wohl sinnvoll ist, den Olympischen Spielen nicht fernzubleiben. In diesem Sinne haben schon jetzt Exiltibeter weitere Proteste auf der 97.000 Kilometer langen Route der Olympiafackel rund um die Welt angekündigt. Zahlreiche andere Nichtregierungsorganisationen arbeiten zudem seit Jahren darauf hin, die Olympischen Spiele in China dafür zu nutzen, auf die vielen Missstände im Reich der Mitte aufmerksam zu machen.

Dass die Zentralregierung in Peking dem Dalai Lama nun vorwirft, er würde die Spiele für seine Zwecke missbrauchen, kann dieser mit gutem Gewissen über sich ergehen lassen. Denn was ist daran verwerflich, die Verletzung von Menschenrechten anzuprangern - zumal bei Olympischen Spielen? Schon die alten Griechen sahen in den Spielen nicht nur ein sportliches Großereignis, sondern ein "Zeichen des Friedens und der Verbundenheit zwischen den Völkern". Dafür steht auch das olympische Feuer. Bedauerlich genug, dass dieses Symbol bei vergangenen Spielen zum Showact verkommen ist. Mit Peking als Austragungsort könnte sich dies endlich wieder ändern.

Dass die Aktion in Olympia ausgerechnet von Aktivisten von Reporter ohne Grenzen initiiert wurde, kann zugleich als ein Appell an Journalisten verstanden werden: Die Olympischen Spiele in Peking sind nicht bloß ein Sport- und Kommerzereignis, sondern sie sind auch politische Spiele. Und da darf es Chinas Regime nicht gelingen, dass seine Menschenrechtsverletzungen einfach hingenommen werden.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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