Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Schwarz-Grün in Hamburg wird lange halten - gerade weil ein gemeinsames Ziel fehlt. Ansonsten können wir dem "Stern" noch dankbar sein für die Hitler-Tagebücher.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der Papst lobt die "tiefe Spiritualität der USA".

Was wird besser in dieser?

Bush tut ne Greencard raus, und der Papst bleibt da.

Schwarz-Grün in Hamburg ist eingetütet. Wie lange wird diese Koalition halten?

Lange. Hätte sie einen "Leuchtturm" - ein gemeinsames Ziel oder die gemeinsame Abwehr einer argen Gefahr -, wäre danach neu zu reden. Hier aber ist es ein diffuses "Möglichkeiten ausloten, die anderen sind ja auch doof, uns war halt danach". So was kann man lange treiben.

Stimmt es, dass sich die Grünen in Hamburg in den Koalitionsverhandlungen glatt gegen die CDU durchgesetzt haben?

Sie schlucken die Elbvertiefung, ihr "Nein" zum Kohlekraftwerk steht nicht im Koalitionsvertrag, und die Studiengebühren werden, nachgelagert aber doch, verlangt. Die Primarstufe - alle Schüler in einer Schulform bis zum 6. Schuljahr - musste man der Union nicht abverlangen, das gibt es bei denen, siehe Berlin, gratis. Generalsekretär Pofalla spricht von "Teilen der Union, die für Schwarz-Grün noch nicht bereit" seien - allenfalls gegen die haben die Hamburger Grünen sich durchgesetzt. Die Kritik, die CDU habe sich über den Tisch ziehen lassen, stammt von SPD-Loser Naumann. Dass das im Umkehrschluss nur heißen kann: "Ich hätte es noch billiger gemacht", möchte man gar nicht so genau wissen.

Für wen ist diese Koalition riskanter: für CDU oder Grüne?

Für die FDP.

Ist Hamburg ein Wegweiser für Berlin?

Merkel hat bereits der Wiederwahl Köhlers zugestimmt, um die FDP zu trösten - allein das Thema in der Woche, in der die Union der FDP untreu wird, ist schon kein Zufall. Die frühere Umweltministerin kann Ökokompetenz für die Union reklamieren. "Bewahrung der Schöpfung" ist ein zutiefst konservatives Anliegen - konservativer als die eher atheistische Merkel selbst. Also: Am Runzel-Runkel-Regal des Ökomarkts schunkeln Unionssenioren und grüne Besserverdiener zum "Früher war alles besser"-Groove, neuerdings ungestört von linkem Pack, das zur PDS/Linkspartei weiter gewandert ist. Schade um die Grünen. Merkel wird im Bund mit dem regieren, mit dem es reicht : FDP, Grüne, SPD. Und so sympathisch der charismatische Schwule aus Hamburg ist, so völlig ungefährlich ist er, im Bund, für Merkel. Ein Hamburger Royal TS für die Kanzlerin, das Ganze.

Heute tagt der Parteirat der SPD über die Bahn-Privatisierung. Braucht die SPD noch einen Sonderparteitag?

Beck hat bei der AfA übers Wochenende die der SPD verbliebenen Linken schwindelig gesäuselt. Wer ihm schaden will, muss diesen Neolib-Mumpitz "Jeder Heuschrecke ein Viertel Bundesbahn" auf einem Parteitag feiern.

Freitag vor 25 Jahren veröffentlichte der Stern die Hitler-Tagebücher. War das der größte Flop des deutschen Journalismus - oder gab es noch größere?

Der Stern ist seither mit Hitlertiteln viel geiziger als der Spiegel mit seinem ewigen Führerschein vorne drauf. In Summe dürften all die Hitlers-heilende-Hunde-Verfilmer und Noch-nen-Funker-aus-dem-Bunker-Interviewer ungefähr ein Mehrfaches an Schrillsinn verzapft haben als damals der Stern. Dem verdanken wir immerhin diesen wunderbaren "Schtonk!"-Film. Über die "Hitler-Tagebücher" lachte die Welt - das kriegen wir ja sonst eher selten hin.

Am Sonntag entscheiden die Berliner, ob der Flughafen Tempelhof geschlossen wird. Zeigt sich der Segen direkter Demokratie?

In Dortmund-Hörde wurde das wirtschaftlich obsolet gewordene "Phoenix" Stahlwerk nach China verkauft, und das verbliebene Areal - ungefähr so groß wie Tempelhof - wird nun zum Binnensee mit Hafen ausgekoffert. Sosehr ich mich freue für die Hartz-Empfänger, die Hoesch hinterließ, dass sie hier nun ihre Yacht zu Wasser bringen können: Diese Tempelhof-Debatte verstehe ich nicht. Kommt Friedbert Pflüger hinterher nach Dortmund und setzt den Wiederaufbau des Stahlwerks durch?

Und was macht Borussia Dortmund?

Bis zuletzt kursierten Spammails, wonach der DFB aus sportlichen Gründen den BVB für das Damenfinale nachmittags gesetzt hätte. Und Doll befürchte, dort unterzugehen. Schön geblöfft. Jetzt wird Bayern noch Meister, und dann spielen wir als Bayern-Vertreter international bei den Pokalsiegern. Und so, wie die Stadt vorgestern Abend bebte, zitterte, kotzte und sang: völlig verdient.

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