Internationaler Tag der Pressefreiheit: Feinde der Freiheit

Reporter ohne Grenzen erinnern zum Tag der Pressefreiheit an ihre Feinde - vom kubanischen Staatschef über mexikanische Drogenbarone bis zur israelischen Armee.

Ungemütlicher Arbeitsplatz: Reuters-Reporter suchen in Kinshasa Deckung. Bild: reuters

In Deutschland ist „irgendwas mit Medien“ ein unverändert häufiger Berufswunsch unter jungen Leuten - weltweit hingegen sehen sich Menschen, die „irgendwas mit Medien“ zu tun haben, immer mehr unter Druck. Der junge Journalist, der nach der Veröffentlichung seiner ersten richtig großen Geschichte nicht die Glückwünsche seiner Freunde entgegennimmt, sondern anonyme Anrufe, die ihm klarmachen, dass man wisse, wo er wohne, auch sein Autokennzeichen und die Farbe des Kinderwagens der Schwester kenne - das ist in etlichen Ländern der Welt alltägliche Wahrheit.

130 JournalistInnen sitzen nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) derzeit weltweit in Gefängnissen, weil sie ihren Beruf ausgeübt haben. In vielen Ländern sind Todesdrohungen gegen Journalisten an der Tagesordnung, nicht selten folgen tatsächlich Angriffe. Neun Journalisten wurden bislang 2008 ermordet.

Zum heutigen 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit, hat Reporter ohne Grenzen eine Liste mit 39 „Feinden der Pressefreiheit“ vorgestellt, darunter 21 Präsidenten oder Regierungschefs. Erstmals seit Jahren ist Kubas Revolutionsführer Fidel Castro von der Liste verschwunden - nicht nur in Havanna, auch in der Pressefeinde-Liste hat sein jüngerer Bruder Raul inzwischen seinen Platz eingenommen. Allein in Kuba sitzen 23 JournalistInnen in Haft. Mehr sind es mit 31 nur in China.

Neu zu den Pressefeinden 2008 hinzugestoßen sind sowohl die Hamas im Gazastreifen und die palästinensischen Sicherheitskräfte im Westjordanland als auch Israels Armee. Die Streitkräfte wurden in die Liste aufgenommen, nachdem die Armee einen palästinensischen Journalisten, der für Reuters arbeitete, offenbar wissentlich erschossen hatte. Die angekündigte Untersuchung des Vorfalls, mutmaßt die Organisation, dürfte im Sande verlaufen: „In der Vergangenheit haben Armee-Untersuchungen von Journalistenmorden zu keinerlei Bestrafung von beschuldigten Soldaten geführt.“

Aber nicht nur Regierungen bedrohen und bedrängen JournalistInnen: In Afghanistan, Irak und Pakistan zählt ROG bewaffnete Organisationen zu den Pressefeinden, auch in Kolumbien, Mexiko, Somalia, Nepal und Sri Lanka sehen ROG Paramilitärs, Guerillaorganisationen oder organisierte Kriminalität hinter den Angriffen.

Seit die UN-Vollversammlung im Dezember 1993 beschlossen hat, den 3. Mai jeden Jahres als Internationalen Tag der Pressefreiheit zu begehen, gleichen sich die internationalen Aufrufe zum Schutz der Journalisten nahezu jedes Jahr - bewirken aber nicht viel. Verbittert konstatierte ROG-Chef Robert Ménard schon im Jahresbericht der Organisation, der im Februar vorgestellt wurde, wie wenig die demokratischen Länder die Einhaltung der Pressefreiheit zum Kriterium bei der Ausgestaltung diplomatischer und ökonomischer Beziehungen machen. „Die Führer demokratischer Länder wollen nicht mit großen Unternehmen in Streit geraten, für die Gespräche über Menschenrechtsfragen einfach vertane Zeit bedeuten“, schrieb Ménard im Vorwort des Jahresberichtes. Und ernüchtert stellt er fest, dass die Vereinten Nationen zwar im Sicherheitsrat scharfzüngige Resolutionen gegen die Gewalt gegen Journalisten verabschiedeten, der Menschenrechtsausschuss aber gleichzeitig dafür sorge, dass die Verantwortlichen keinerlei Konsequenzen zu fürchten hätten.

Letztlich haben Organisationen wie Reporter ohne Grenzen mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie alle Menschenrechtsverteidiger: Menschenrechte werden nur dann zum Thema gemacht, wenn die Schwäche der jeweiligen Regierungen das zulässt und es politisch opportun erscheint.

Nicht immer aber ist die Pressefreiheit durch Angriffe oder staatliche Repression gegen einzelne Journalisten bedroht. In Mexiko zum Beispiel gehören 90 Prozent der Radio- und Fernsehkanäle den beiden großen Konzernen Televisa und TV Azteca. Aber auch in Mexiko kommen direkte Angriffe auf JournalistInnen dazu, meist aus Kreisen der organisierten Kriminalität und des Drogenhandels. „Mexiko ist für Journalisten noch immer das tödlichste Land des amerikanischen Kontinents“, schreibt ROG im Jahresbericht. Es ist nur konsequent, dass der mit 25.000 Dollar dotierte Guillermo-Cano-Preis der Unesco, der seit 1997 immer am 3. Mai vergeben wird, 2008 an die mexikanische Journalistin Lydia Cacho Ribeiro geht, die mit ihren Recherchen über Drogenhandel und Korruption seit Jahren wichtige Informationsarbeit leistet.

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