Kommentar Parteitag der Linkspartei: Traum-Duo Lafontaine und Bisky

Die Linkspartei hat es geschafft, die notorische Neigung linker Parteien einzuhegen, sich mit Wonne selbst zu zerstören. Und sie verfügt über eine effektive Personal-Architektur

Wenn an den Linken-Parteitag Infotainment-Maßstäbe anlegt werden, ist das Urteil klar: langweilig. Keine zündenden Debatten, keine spektakulären Niederlagen, kein scharfer Kampf der Flügel. In der Linkspartei geht es bis an die Schmerzgrenze berechenbar zu. Alle wesentlichen Konflikte wurden weiträumig vermieden oder in Formelkompromissen stillgelegt. Dass Oskar Lafontaine zehn Prozent weniger als beim letzten Parteitag bekam, war ein rationales Zeichen. Die Partei will ihn, aber er soll seine Egotripps gefälligst nicht übertreiben.

Das Politmanagement in der Linkspartei funktioniert, und so wird es wohl bis zur Bundestagswahl 2009 bleiben. Die Partei hat es - im Moment - geschafft, die notorische Neigung linker Parteien einzuhegen, sich mit Wonne selbst zu zerstören. Und sie verfügt über eine äußerst effektive Personal-Architektur. Oskar Lafontaine ist der Lautsprecher, der polarisiert und Protestwähler anzieht. Lothar Bisky ist der Moderate, Verlässliche, der im Hintergrund signalisiert: So schlimm wird es schon nicht. So hält sich die Linke stets ein Türchen für die Regierungsbeteiligung im Bund offen. Und auch Lafontaine, der das Publikum schon öfters durch abrupte politische Richtungswechsel verblüffte, inszeniert sich stets als Sozialdemokrat - trotz seiner radikalen Rhetorik. Die SPD könnte glücklich sein, wenn sie über so eine wirkungsvolle Spitze verfügen würde. Und wenn es bei ihr halb so diszipliniert zuginge wie bei der Lafontaine-Bisky-Truppe.

SPD und Linkspartei verhalten sich zueinander wie kommunizierende Röhren. Wenn die SPD in Umfragen verliert, gewinnt die Linkspartei. Dieses Spiel wirkt auch politisch. Klaus Wowereits Angriff auf die soliden Berliner Linkspartei-Realos wegen deren Nein zum EU-Vertrag hat die Linkspartei zusammengeschweißt - und diesen Kitt braucht die Linkspartei. Denn eigentlich ist die Kluft ziemlich tief zwischen marxistischen Fundis und Ost-Realos, die fast alle gute Sozialdemokraten sein könnten. Auf mittlere Sicht könnte die SPD sogar das Projekt ins Auge fassen, die Linkspartei entlang dieser Linie zu spalten. Doch die Sozialdemokratie schwankt noch immer zwischen hilfloser Aggression und arroganter Ablehnung. Und so lange Wowereit die linken Realos attackiert und SPD-Chef Kurt Beck ungerührt von "sogenannten Linken" redet, brauchen sich Lafontaine & Gysi um die Einheit der Linkspartei nicht sorgen.

Die SPD macht viel falsch, die Linkspartei muss nicht viel tun, um fast alles richtig zu machen. So funktioniert das politische Spiel. Und es gibt niemand in der SPD, der diese Logik derzeit umzudrehen versteht.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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