Lafontaines Herz für Journalisten: Böse Investoren

Beim Linke-Parteitag hat Oskar Lafontaine sein Herz für Journalisten entdeckt - eine bemerkenswerte Kehrtwende des früheren Landesfürsten.

Jetzt lieb? Oskar Lafontaine. Bild: reuters

Es ist immer gut, wenn sich Parteiführungen nicht nur für die ihnen gewidmete Berichterstattung der Medien, sondern zwischendurch auch mal für die Situation der Medien interessieren. So hat jetzt beim Cottbusser Parteitag der Linken deren Partei- und Bundestagsfraktionsvorsitzender Oskar Lafontaine erkannt: "In der Ära des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus wird die Pressefreiheit immer weiter untergraben." Daher müsse die Linke "das Thema der inneren Pressefreiheit" wieder auf die Tagesordnung setzen: "Redaktionsstatute müssen die Unabhängigkeit der Redakteure und Redaktionen wieder garantieren", forderte Lafontaine.

Ist das etwa derselbe Lafontaine, der als Saar-Fürst 1994 im Zuge der sogenannten Rotlichtaffäre der Presse - gemeint war damals vor allem der Spiegel - einen Maulkorb verpassen wollte? Der als angeschlagener SPD-Ministerpräsident dem Saarland das schärfste und pressefreiheitfernste Landespressegesetz der Bundesrepublik verordnete?

Er ists - und zitiert in Cottbus den gut 40 Jahre alten Spruch von FAZ-Gründer Paul Sethe, nach dem Pressefreiheit "die Freiheit von 200 Leuten, ihre Meinung zu verbreiten" sei. "Nach den Konzentrationswellen der letzten Jahrzehnte würde Paul Sethe heute vielleicht von 20 Leuten sprechen."

Auch in Deutschland würden Zeitungen aufgekauft und unrealistischen Zielvorgaben ausgesetzt, Unternehmensteile ausgegründet und "wie selbstverständlich Leiharbeiter in Anspruch" genommen: "Immer mehr Journalistinnen und Journalisten erkennen, dass Umsatzrenditen von 20 Prozent und Qualitätsjournalismus nicht zusammenpassen", so Lafontaine.

Recht hat der Mann, doch gerade aus seinem Munde wirkte die anschließende Sentenz dann doch lustig: "Mitbestimmung und Mitarbeiterbeteiligung, ich verweise nur auf den Spiegel, sind auch hier Möglichkeiten, um die Stellung der Redaktionen deutlich zu verbessern", erklärte Lafontaine laut Redemanuskript.

Seinerzeit hatte sich der unter Druck geratene Politiker noch über die "Fahrlässigkeit und die Maßlosigkeit", mit der Politiker von den Redaktionen und ihren Journalisten angegangen würden, mokiert, vor allem das ihm in herzlicher Abneigung verbundene Magazin aus Hamburg gemeint und laut ebendiesem Spiegel laut darüber nachgedacht, "wie der investigative Journalismus in seine ethischen Schranken zurückverwiesen werden kann". Die Zeiten ändern sich eben.

Jetzt geht es Lafontaine in Sachen Medien "um die Freiheit von wirtschaftlicher Macht". Die sei "nicht gewährleistet in diesem Lande - nur ein Blinder kann das übersehen!"

Ganz anderer Meinung sind dagegen Deutschlands Medienwächter. Eine in ihrem Auftrag verfasste Studie stellte eben Finanzinvestoren im TV-Bereich zumindest keine vernichtenden Noten aus: Finanzinvestoren stellen demnach "eine bemerkenswerte Fähigkeit zur deutlichen Steigerung des operativen Cashflows innerhalb eines relativ begrenzten Zeitraums von zwei bis fünf Jahren unter Beweis", so die Studie des Hans-Bredow-Instituts, die auch die Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG durch die Finanzinvestoren KKR und Permira untersuchte. Dabei sei "in keinem Fall einseitig auf rein kurzfristig orientierte Kostensenkungsmaßnahmen gesetzt worden", ebenso wenig würden "Investitionsausgaben zulasten der langfristigen Entwicklung der betroffenen Unternehmen zusammengestrichen".

Trauen sollte man indes beiden Sichtweisen nicht so ganz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.