Wahlergebnis in Kabul

Bei den Parlamentswahlen in Afghanistan erringen zahlreiche Stammesfürsten und Kriegsherren Sitze

KABUL afp ■ Nach mehrfacher Verzögerung hat die afghanische Wahlkommission am Samstag das Endergebnis der ersten freien Parlamentswahl in dem Land seit mehr als 30 Jahren vorgelegt. Obwohl fast die Hälfte der Sitze von Stammesfürsten und ehemaligen Kriegsherren errungen wurde und auch einige Taliban ins Parlament einzogen, priesen Beobachter die Wahl als wichtigen Schritt zum Frieden nach Jahren des Krieges und der fundamentalistischen Herrschaft. Die Bekanntgabe der Ergebnisse hatte sich verzögert, da es zahlreiche Beschwerden wegen Wahlbetrugs gab. Diese erwiesen sich aber laut Wahlkommission größtenteils als unberechtigt.

Ursprünglich sollten die Ergebnisse der Wahl vom 18. September in der letzten Oktoberwoche vorliegen, doch die Überprüfung der Betrugsvorwürfe sorgte für Verzögerungen. Die Wahlkommission räumte kleinere Probleme ein. Rund 5.400 Beschwerden gingen bei der Behörde ein. Die meisten seien aber nicht begründet gewesen und hätten lediglich den Mangel an Erfahrung der Afghanen mit Wahlen ausgedrückt.

Bei der Wahl waren politische Parteien nicht zugelassen, so dass ein reiner Personenwahlkampf geführt wurde. Nur etwas mehr als 50 Prozent der 12,4 Wahlberechtigten gab die Stimme ab. Beobachter führten das auf die seitenlangen und unübersichtlichen Wahlzettel sowie auf die massive Präsenz der alten Stammesfürsten im Wahlkampf zurück. Aufgrund einer Quotenregelung besetzten Frauen ein Viertel der 249 Sitze in der Wolesi Dschirga. Ihnen waren unter der Herrschaft der Taliban politische Rechte verweigert worden. Die konstituierende Sitzung des Unterhauses wird für Ende Dezember erwartet. Zunächst muss das Oberhaus gewählt werden. Deren 102 Abgeordnete werden von den Provinzparlamenten und dem Präsidenten bestimmt.

In die Wolesi Dschirga ziehen auch einige prominente Warlords ein. Zu ihnen gehört Mohammad Mohakek, dem Vergehen während des Bürgerkriegs (1992–1994) vorgeworfen werden. Damals kamen allein in der Hauptstadt Kabul 50.000 Menschen ums Leben. Mohakek sicherte sich die meisten Stimmen in der Provinz Kabul. Dort kam Junis Kanuni, treuer Verbündeter des ermordeten Rebellenführers Ahmed Schah Massud und der schärfste Rivale von Präsident Hamid Karsai bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr, auf Platz zwei.