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Archiv-Artikel

Proteste in Madrid

Hunderttausende demonstrieren in Spanien gegen Bildungsreform. Auch die Kirche marschiert mit

MADRID taz ■ „Für eine Bildung in Freiheit“, stand auf dem Transparent, mit dem Teilnehmer eine der größten Demonstrationen anführten, die Spaniens Hauptstadt Madrid in den letzten Jahren gesehen hat. Der katholische Flügel der spanischen Eltern- und Lehrerverbände hatte zum Marsch gegen die Bildungsreform der sozialistischen Regierung von José Luis Zapatero aufgerufen. Die Bischofskonferenz und die konservative Volkspartei (PP) unterstützten den Protest.

Die Demonstranten – zwei Millionen laut Veranstalter, 407.575 laut Regierung – richteten sich vor allem gegen die vorgesehene Abwertung der Religionsnote. Sie soll nicht mehr versetzungsrelevant sein. „Zapatero Rücktritt“ riefen die Demonstranten. „Wir verlangen eine sofortige Aussetzung der Reform und den Dialog“, hieß es im Abschlusskommuniqué. Zapatero habe das neue Bildungsgesetz auf den Weg gebracht, ohne mit allen Beteiligten zu verhandeln und den Konsens zu suchen, klagten die Veranstalter.

Es geht nicht nur um den Stellenwert des Faches Religion. Die Regelung sieht eine Versetzung auch bei schlechten Noten vor. Erst wer in vier Fächern ungenügende Leistungen erbringt, dreht eine Ehrenrunde. Bei dreimal „ungenügend“ entscheiden die Lehrer über die Versetzung. Diese Regelung ist den konservativen Elternverbänden zu locker.

Außerdem verlangen die Veranstalter, dass die Privatschulen auch künftig ihre Schüler selbst aussuchen. Die Regierung hingegen findet, dass auch die Privaten „Problemgruppen“ wie Immigranten aufnehmen müssen. In wirtschaftlich starken Regionen stellen die Privatschulen bis zur Hälfte der Plätze. Sie werden staatlich finanziert. Ein Großteil dieser Bildungseinrichtungen gehört der katholischen Kirche. Die Regierung bezahlt jährlich 3,7 Milliarden Euro an Privatschulen. 70 Prozent gehen an katholische Bildungseinrichtungen. Die Demonstranten befürchten, die Regierung könne die Zuschüsse senken.

Bildungsministerin María Jesús San Segundo wies die Vorwürfe, das neue Gesetz bedeute eine Verschlechterung für das Schulsystem, zurück. Die Reform sorge für mehr Chancengleichheit und werde die Qualität der Schulbildung erhöhen. Das ist dringend nötig. 25 Prozent der Schüler brechen die Schule ohne Abschluss ab. Spanien gehört damit, wie bei den Bildungsausgaben, zu den Schlusslichtern in der EU. REINER WANDLER

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