Lokale Produkte statt Niedrigstpreise: Wal-Mart denkt um

Der US-Discounterriese Wal-Mart setzt jetzt auf lokale Produkte. Grund dafür ist nicht etwa ökologische Besinnung, sondern der hohe Spritpreis.

Keine Angst: Üppige Riesenpackungen gibt's bei Wal-Mart natürlich weiterhin. Bild: dpa

WASHINGTON taz Nun ist auch Wal-Mart auf den Trichter gekommen: Eine amerikanische Tomate oder Kartoffel legt im Schnitt 2.400 Kilometer vom Feld bis zum Supermarkt zurück. Angesichts der rasend gestiegenen Spritpreise findet das nun auch der weltgrößte Einzelhändler Wahnsinn: "Wal-Mart wird künftig noch mehr Produkte bei Bauern im Umland unserer Supermärkte kaufen", kündigte die Konzernleitung an.

Die Absichtserklärung könnte der amerikanischen Agroindustrie "den größten Umbruch seit der Grünen Revolution" bescheren, hofft der Chefkoch und Foodexperte Dan Barber aus New York. Auf den Dreh, dass lokale Produkte zumindest bei den Transportkosten nicht nur billiger, sondern meist auch besser sind, sind nämlich auch schon andere amerikanische Supermarktketten gekommen, allen voran die hochpreisige, aber enorm erfolgreiche Ökokette "Whole Foods". Während Wal-Mart unverdrossen dem Verpackungswahn frönt, gibt es bei Whole Foods nur noch Papiertüten und darauf steht: "Gute Sachen aus der Nachbarschaft - Wir unterstützen lokale Bauern und Produzenten seit 1980."

Aber auch bei dem Billigdiscounter Wal-Mart habe der Anteil lokaler Produkte in den vergangenen zwei Jahren um 50 Prozent zugenommen und soll nun weiter zweistellig steigen, betonte Managerin Pam Kohn am Dienstag. "Wenn wir vor Ort kaufen, sind weniger Lkw auf der Straße, wird das Gemüse über weniger Meilen transportiert und damit weniger Benzin verbraucht", verkündete Kohn. Konkrete Zahlen nannte sie nicht.

Bislang wird der amerikanische Lebensmittelmarkt praktisch ausschließlich über den billigsten Preis definiert und folglich von riesigen Plantagen im mittleren Westen und in Kalifornien dominiert. Die US-Agroindustrie baut auf Großkapital, Chemie und riesige Maschinen. Auf Watte gewachsene Gurken, offensichtlich künstlich gefärbter Mais, mit Geschmacksverstärkern bombardierte Äpfel fahren eine Rekordernte nach der anderen ein - sie werden gepflückt und verpackt von einem Heer von Immigranten, die praktisch nichts verdienen, weil Essen ja nichts kosten darf. Traditionell sind Lebensmittel im Agrarland USA spottbillig und in den Augen der Verbraucher muss das auch so bleiben: Die seit einiger Zeit steigenden Kosten werden von etlichen Produzenten mit gleichgroßen Verpackungen, aber weniger Inhalt kaschiert. Hauptsache, es steht weiter "99 Cent" drauf.

Es ist nicht so, dass es keine Amerikaner gibt, die diesen großindustriellen Fraß satt haben. Ökologische Kleinbauern, insbesondere die mit rein natürlichen Mitteln produzierenden Amish-People, finden reißenden Absatz mit Hühnern, die nach Huhn schmecken. Allerdings: Die Strukturen für eine umfassende lokale Versorgung sind in den USA einfach nicht existent, im Gegenteil, sie wurden systematisch untergraben. Und wenn Massendiscounter wie Wal-Mart nun wieder allein über den Preis argumentieren, gilt doch immer noch: Für lokale Produkte wird weniger Sprit verbraucht, aber billiger sind sie in der Regel nicht. KARIN DECKENBACH

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