Türkei geht von Al-Qaida-Angriff aus: Schießerei vor US-Konsulat in Istanbul

Rätselhafte Attacke in Istanbul: Bei einem bewaffneten Angriff auf das schwer gesicherte US-Konsulat kamen drei Sicherheitsleute und drei Angreifer ums Leben.

Türkischer Polizist nahe des angegriffenen US-Konsulats in Istanbul Bild: ap

Bei einem Attentat auf das US-amerikanische Konsulat in Istanbul sind sechs Menschen getötet und zwei schwer verletzt worden. Bei den Toten handelt es sich um einen türkischen Wachmann des Konsulats, zwei Verkehrspolizisten, die bei dem Attentat eingriffen, und drei Attentäter. Die beiden Schwerverletzten sind ebenfalls Polizisten.

Augenzeugen berichteten im Nachrichtenkanal NTV, dass gegen 10.30 Uhr ein grauer Ford Focus vor dem Konsulat vorfuhr, aus dem drei Männer ausstiegen und das Feuer auf das Wachhaus am Eingang der Visa-Stelle des Konsulats eröffneten. Die herbeigeeilten Verkehrspolizisten erwiderten das Feuer, es kam zu einer minutenlangen Schießerei, bei der neben dem Wachmann und zwei Polizisten auch die drei Angreifer getötet wurden. Ein vierter Attentäter entkam mit dem Auto. Nach ihm wird fieberhaft gefahndet.

Nach stundenlangen Spekulationen über die Identität der Attentäter gab der zuständige Staatsanwalt bekannt, bei den drei getöteten Angreifern handele es sich um türkische Staatsbürger, die als Al-Qaida-Mitglieder bekannt gewesen seien. "Es war ein Anschlag der al-Qaida, es kann sein, dass dies erst der Auftakt war", sagte der Staatsanwalt. Die drei Getöteten seien sogenannte Afghanis, also Türken, die in der Vergangenheit in Afghanistan gekämpft hatten oder in afghanischen Ausbildungslagern der al-Qaida waren. Zeugen hatten die getöteten Attentäter bereits zuvor als bärtige Männer beschrieben, die aus der islamistischen Szene stammen könnten. Innenminister Besir Atalay hatte am Tatort keinen Kommentar zu den Tätern oder möglichen Hintergründen der Tat abgegeben.

Allerdings gibt der gesamte Tatverlauf Rätsel darüber auf, was die Attentäter mit dem Angriff beabsichtigt haben könnten. Das US-Konsulat in Istanbul dürfte das am besten gesicherte Gebäude der ganzen Stadt sein. Es wurde nach dem 11. September 2001 neu errichtet und nach den Angriffen der al-Qaida auf das britische Konsulat 2003 sicherheitstechnisch noch weiter ausgebaut. Der Neubau des Konsulats wurde aus der Innenstadt heraus in einen Vorort am Bosporus verlegt. Dort liegt das Gebäude wie eine Festung hoch auf einem Hügel. Von den äußeren Sicherungsmauern führen Aufzüge zu der eigentlichen Anlage hinauf. Den Attentätern muss deshalb eigentlich klar gewesen sein, dass sie lediglich bis zu türkischen Wachleuten am äußeren Tor vordringen können. US-Konsulatsbeamte wurden denn auch nicht verletzt.

US-Konsul Ross Wilson verurteilte den "Terroranschlag" und bedankte sich bei der Polizei für ihren mutigen Einsatz. Die USA und die Türkei seien enge Verbündete und stünden gemeinsam im Kampf gegen und internationalen Terrorismus. Das Verhältnis beider Länder werde durch das Attentat "selbstverständlich" nicht belastet.

Die türkische Polizei hat die Sicherheitsvorkehrungen für sämtliche US-Einrichtungen gestern verstärkt. Außer der Botschaft in Ankara und dem Konsulat in Istanbul gibt es noch ein Konsulat in Adana, nahe dem US-Militärstützpunkt in Incirlik.

Wenn sich die Angaben des ermittelnden Staatsanwaltes vor Gericht bestätigen, wäre der Anschlag auf das US-Konsulat der dritte große Angriff, den al-Qaida bislang in der Türkei durchgeführt hat. Die folgenreichsten Anschläge gab es im November 2003. Zuerst verübte ein türkisches Al-Qaida-Selbstmordkommando zeitgleich zwei Selbstmordattentate auf die beiden größten Synagogen, nur eine Woche später zündeten Mitglieder derselben Zelle zwei mit Bomben beladene Kleinlaster vor dem britischen Konsulat und der Zentrale der britischen HSBC-Bank.

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