Rolle bei Ruandas Völkermord: "Frankreich sollte Anklage erheben"

Théodore Simburudali, Präsident des Verbands der Völkermord-Überlebenden in Ruanda, begrüßt den Untersuchungsbericht zu Frankreichs Rolle beim Völkermord.

Für die Überlebenden reiche es nicht, nur die Wahrheit zu wissen, meint Simburudali. Bild: ap

taz: Herr Simburudali, was steht für Sie Neues in dem Untersuchungsbericht?

Théodore Simburudali: Vieles über das Verhalten der französischen Regierung war schon bekannt und stand in anderen Berichten, Untersuchungen und Büchern. Neu sind Zeugenaussagen über Details, die wir nicht wussten, zum Beispiel über Vergewaltigungen, über einzelne Mordfälle. Diese Aussagen gäbe es ohne diese Untersuchungskommission nicht.

Was bedeutet dieser Bericht für die Überlebenden?

Für uns ist es wichtig, die Wahrheit zu erfahren. Es ist ein Schritt getan, um die genaue Rolle Frankreichs zu klären. Wir sind froh, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Aber wir warten noch, was die Konsequenzen angeht.

Welche Konsequenzen sollte der Bericht denn haben?

Für die Überlebenden reicht es nicht, die Wahrheit zu wissen. Es muss eine juristische Aufarbeitung geben. Die Taten müssen gesühnt werden. Es gibt genug Stoff für die französische und die internationale Justiz, vielleicht auch für noch detailliertere Untersuchungen. Es müsste für die französische Justiz eine Ehre sein, jetzt Anklage gegen französische Staatsbürger zu erheben, nachdem sie jahrelang an der Nase herumgeführt wurde.

Aber Frankreich hat den Bericht bereits zurückgewiesen, von "inaktepzablen Anschuldigungen" gesprochen und gesagt, die Kommission sei nicht unabhängig gewesen.

Was sollen denn Leute anderes sagen, die selbst verwickelt waren? Und was meinen sie damit, dass die Kommission nicht unabhängig war - gegenüber wem denn nicht? Die Kommission wurde gemäß dem ruandischen Gesetz eingerichtet.

Und was ist mit dem Vorwurf, der Bericht sei eine Auftragsarbeit, um vorgefasste Thesen zu belegen?

Ich verstehe das nicht. Unsere Regierung musste mit den Konsequenzen des Völkermordes umgehen, und sie hat das Recht, eine Untersuchung dazu in Auftrag zu geben. Wenn es keine Beweise für die Vorwürfe der Kommission gäbe, könnte ich das verstehen. Aber es gibt Beweise, sogar von französischen Zeugen. Die Franzosen weisen den Bericht zurück, bevor sie ihn überhaupt gelesen haben, so als hätte nichts einen Wert, was sie nicht selbst gemacht haben. Sie sollten ihn lieber selbst nutzen. Auch die Franzosen haben das Recht auf die Wahrheit!

INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON

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