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Archiv-Artikel

Hoffen auf Frau von der Leyen

Kita-Elternausschuss fordert Öffnung der Krippen für sozial Benachteiligte und beruft sich auf designierte Bundesfamilienministerin und ihre Idee von christdemokratischer Politik

Das vor zwei Jahren eingeführte Kita-Gutscheinsystem ist „ungerecht und unsozial.“ Zu diesem Schluss ist gestern der neue Landes-Elternausschuss Kindertagesbetreuung (LEA) gekommen. Angesichts jüngster Pisa-Ergebnisse und gehäufter Meldungen über vernachlässigte Kinder fordert der Ausschuss einen „Paradigmenwechsel“, der den Zugang zur frühkindlichen Bildung in einer Kita nicht mehr von der Berufstätigkeit der Eltern abhängig macht.

„Beim Schulbesuch wird schließlich auch nicht nach den Eltern gefragt“, erklärt LEA-Vorständlerin Isa Baumgart. Es sei viel zu spät, wenn – wie in Hamburg – die Sprachförderung erst mit fünf Jahren beginne. Studien der Hirnforschung hätten ergeben, „dass dann das Entwicklungsfenster schon fast geschlossen ist“, ergänzt LEA-Vorständlerin Dr. Bärbel Icheln. Mit vier Jahren seien die Weichen für die spätere Lernfähigkeit gestellt.

Der LEA bezieht sich auf die Antworten des Senats auf eine SPD-Anfrage, wonach seit 2004 rund 3.000 Kinder ganz aus der Krippen- und Hortbetreuung herausgefallen sind und beinahe 6.000 weitere statt eines Ganztagsplatzes nur noch eine gekürzte Betreuungszeit bekommen haben. In 581 Fällen wurde der Umfang sogar mehrfach während eines Monats rauf- und runtergestuft. „Was das mit den Kindern macht“, so Baumgart, bedenke kein Verantwortlicher.

Hamburgs CDU argumentiere stets mit dem neuen Rechtsanspruch auf fünf Stunden für Drei- bis Sechsjährige. Doch dieser, so Baumgart, reiche nicht aus: Viele Kinder in sozialen Brennpunkten seien nachmittags sich selbst überlassen. Der LEA befürchtet zudem eine Spaltung der Kitas in „zwei Klassen“. So gebe es jene mit gut situierten, berufstätigen Eltern, die bis zu 100 Prozent eines Kita-Beitrags noch mal für zusätzliche Leistungen ausgeben könnten. Und es gebe jene, die keine Möglichkeit hätten, die zu knappen Personalstandards auf diese Weise auszugleichen.

Das von allen Kitas gewählte Elterngremium fordert nun von Bürgermeister Ole von Beust (CDU), das Kindeswohl zur Chefsache zu machen und eine Aufstockung des Kita-Etats um 60 auf 400 Millionen Euro. Dabei hofft der LEA auf „Druck aus Berlin“. Hatte doch die designierte Familienministerin Ursula von der Leyen erklärt, ein Ausbau ganztägiger Betreuung sei selbstverständlicher „Bestandteil christdemokratischer Politik“. Da wegen der demographischen Entwicklung jedes Kind als spätere Arbeitskräft benötigt werde, müssten gerade sozial Schwache einen kostenlosen Zugang zur Kita haben.

Zudem fordert von der Leyen den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz schon ab zwei Jahren. Als Ärztin, so schlussfolgert der LEA, sei ihr der Stand der Hirnforschung „selbstverständlich geläufig“. Kaija Kutter