die wahrheit: Ist Peter Maffay eine Religion?

Oder hört Gott nicht viel lieber Johann Sebastian Bach? Eine spirituelle Sinnsuche.

Wollte Gott das Maffay? Bild: ap

Wer sich mal einen Moment Zeit nimmt, darüber nachzudenken, wird schnell merken: Das menschliche Dasein ist gekennzeichnet durch Leid und Vergeblichkeit allen Strebens, verbunden mit der Fähigkeit, dies alles auch noch bei vollem Bewusstsein zu durchschauen. Manch einer wird sein Heil deshalb in der Religion suchen, zum Beispiel bei Peter Maffay. Aber, mal ketzerisch gefragt: Ist Peter Maffay überhaupt eine Religion?

Was dafür spricht: Seine neue CD nennt Peter Maffay "Ewig" - und so viel weiß der einfache Sinnsuchende auch, dass damit eben nicht ein weltliches "Immer" oder "Wirklich ziemlich lange", sondern stattdessen ein überzeitlicher Dauerzustand gemeint ist. Und das geht doch schon mal verdammt ins Göttliche, also dahin, wo wir mit unserem Weltschmerz so gern hinwollen.

Aber es gibt noch mehr Hinweise: Wie es sich für eine ordentliche Religion gehört, beginnt Peter Maffay seine CD mit Weltuntergangsszenarien ("Eine kalte Hand griff nach dieser Welt"), die langsam ins Apokalyptische gesteigert werden ("Tiere flüchten in aller Stille, sie verschwinden, bis man sie nicht mehr sieht"), um dann in Appelle an die Glaubensgemeinschaft überzugehen ("Wir müssen die Zeichen sehen, bevor der Vorhang fällt" und "Wirst du mit mir im Feuer stehen?"). Schließlich mündet dies alles in Heilsversprechen ("Am Horizont ist Gold, siehst du es scheinen?"), und es wird reichlich Trost gespendet ("Wenn alles geht, die Liebe bleibt").

Dies alles spricht für Peter Maffay als Glaubensgemeinschaft. Muss man ihn deshalb in Zukunft möglichst regelmäßig anbeten und einmal die Woche in seiner Kirche besuchen?

Fragt man dazu Fachleute, erhält man bisweilen die Antwort, dass Peter Maffay keine Religion, sondern ein Außerirdischer ist. Tatsächlich scheint die Menge deckungsgleicher Elemente zwischen Peter Maffay und einem Alien größer zu sein als zwischen ihm und einer Religion: Bei Peter Maffay kann man nicht heiraten, er hat keine Wunder vollbracht, seine Prophezeiungen ("Über sieben Brücken musst du gehen!") haben sich (bis jetzt) nicht erfüllt. Dafür ekeln sich aber manche vor ihm oder erleben ihn schlicht als untot.

Manch einer wird jetzt einwenden, dass Peter Maffay in Zungen redet. Solche Zeitgenossen müssen sich jedoch die Frage gefallen lassen, ob Maffay vielleicht unbefleckte Empfängnis kann oder jedenfalls rechts wie links schießen. Und überhaupt: Kommt Gott etwa aus dem Osten, trägt er tatsächlich Vokuhila-Frisuren und hat er tatsächlich einen so schlechten Musikgeschmack (deutscher Schlager, Country- und Westernmusik, Rolling Stones)? Alles wohl eher Fehlanzeige. Denn Gott hört zum Beispiel viel lieber Johann Sebastian Bach.

Letzte Gewissheit, ob Peter Maffay wirklich eine Religion ist, erlangt man aber erst, wenn man stirbt. Kommt man in den Himmel und alle reden nur Rumänisch, während in der Ecke ein Außerirdischer mit einer Vokuhila-Perücke sitzt und merkwürdig lächelt, sind das schon mal ziemlich deutliche Hinweise. Vielleicht singt der Alien auch noch "Josie", "Es war Sommer" oder "Ewig", dann ist die Sache verhältnismäßig klar. Das ist selbstverständlich ein Albtraum für alle, die in den Himmel gekommen sind. Sie gelangen praktisch vom Regen in die Traufe. JAN ULLRICH

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