Regierungswechsel in Japan: Der Kampf um den Machterhalt

Am Montag bestimmt Japans kriselnde Regierungspartei LDP einen neuen Vorsitzenden - und damit den neuen Premier. Favorit ist Ex-Außenminister Taro Aso.

Der Generalsekretär der LPD, Taro Aso, hat die besten Chancen neuer Regierungschef zu werden. Bild: dpa

Am Montag wird in Japan ein neuer Parteivorsitzender der Liberaldemokratischen Partei (LDP) gewählt. Die Wahl wurde vorgezogen, nachdem der bisherige LDP-Chef und Premierminister Yasuo Fukuda sein Amt am 2. September nach nur elf Monaten niedergelegt hatte. Fukuda hatte sich Berichten nach zuvor mit dem Koalitionspartner, der buddhistischen Neuen-Komeito-Partei, überworfen.

Die konservative und traditionell stärkste japanische Partei LDP sucht angesichts ihrer schwindenden Macht nach einem Parteichef, der sich bei den kommenden japanischen Unterhauswahlen am 26. Oktober durchsetzen kann. Offensichtlich glaubten die Parteistrategen nicht mehr daran, dass das mit Fukuda zu schaffen sei.

Noch dominiert die LDP zusammen mit der Neuen-Komeito-Partei das japanische Unterhaus. Experten rechnen aber damit, dass sich die japanische Parteienlandschaft diesmal stärker als sonst verändern könnte. Seit 1955 hat die LDP mit einer nur einmaligen Unterbrechung von zehn Monaten den Inselstaat regiert. Als Regierungspartei wird sie ab Montag mit dem neuen Parteivorsitzenden auch den neuen Premier bestimmen.

Zur Wahl angetreten sind gleich fünf hochrangige LPD-Abgeordnete - mehr denn je in der Geschichte der LDP. Manche Beobachter sehen darin einen Beleg für die inhaltliche Zerrissenheit der Partei. Andere vermuten eine parteiinterne Strategie hinter der "Massenkandidatur": Ziel sei es, die Partei lebendig und vielseitig zu präsentieren und damit einen möglichst breiten Teil der Wählerschaft abzudecken.

Vor allem die ehemalige Verteidigungsministerin Yuriko Koike bringt mit ihrer Kandidatur Farbe in das sonst graue Spiel japanischer Innenpolitik. Die 56-Jährige wäre im - allerdings unwahrscheinlichen - Fall ihres Sieges die erste weibliche Vorsitzende der LDP und auch Japans erste Premierministerin. Wegen ihrer häufigen Parteiwechsel wird sie auch als "Zugvogel" bezeichnet. Dennoch unterscheidet sich Koike durch ihr Wahlprogramm kaum von ihren Parteikollegen und aktuellen Konkurrenten. Neben Frau Koike treten der derzeitige Wirtschafts- und Finanzminister Kaoro Yosano, der ehemalige Vorsitzende des programmatischen Ausschusses der LDP, Nobutero Ishihara, der Ex-Verteidigungsminister Shigeru Ishiba und der ehemalige Außenminister und LDP-Generalsekretär Taro Aso für den Parteivorsitz an.

Letzterer gilt inzwischen als klarer Favorit. Einer Schätzung der japanischen Tageszeitung Asahi zufolge genießt Aso an die 60 Prozent Zustimmung im Parlament. Auch in der Bevölkerung bestehe eine breite Zustimmung für die Doppelrolle, die Aso in der nächsten Woche als Parteivorsitzender und Premierminister annehmen werde, heißt es weiter.

Das Hauptaugenmerk in dem kurzen Wahlkampf um den LDP-Vorsitz liegt vor allem auf der Wirtschaftspolitik. Nach sechs Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs schlittert Japan in eine Rezession. Die Immobilien- und Finanzkrise in den USA und die damit einhergehende wirtschaftliche Abschwächung hemmen die stark auf Exporte angewiesene japanische Wirtschaft.

Favorit Taro Aso plant, der Konjunktur mittels Finanzspritzen aus dem Staatshaushalt neuen Schwung geben. Selbst die vor wenigen Tagen getroffene Entscheidung für den frühen Termin der Unterhauswahl am 26. Oktober ist durch die weltweite Finanzkrise beeinflusst. "Die wirtschaftliche Situation wird sich früher oder später weiter verschlechtern", sagte ein LDP-Abgeordneter der Zeitung Asahi. Je schneller die Wahlen abgehalten würden, desto besser.

Noch zu Anfang des Jahres wurde der nun scheidende Premierminister und LDP-Vorsitzende Fukuda als Politiker gefeiert, der mit seiner Erfahrung die Wogen der LDP und damit der japanischen Innenpolitik glätten sollte. Dass er sich nur so kurze Zeit halten konnte, spricht für die neue Schwäche der LDP. Auch der Rücktritt des gerade erst seit dem 1. August amtierenden Landwirtschaftsministers Seiichi Ota am Freitag wegen eines Skandals um pestizidverseuchten Reis dürfte die künftigen Wahlchancen der LDP nicht erhöhen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.