RFID-Technologie: Bücher mit eingebautem Klauschutz

Die Berliner Bibliotheken wollen ihre Bücher mit Funkchips ausstatten. Das soll die Arbeit der Bibliothekare erleichtern und Diebstahl verhindern.

Bücher mit eingebautem Klauschutz
Die Berliner Bibliotheken wollen ihre Bücher mit Funkchips ausstatten. Das soll die Arbeit der Bibliothekare erleichtern und Diebstahl verhindern. Ob Letzteres funktioniert, ist allerdings höchst unklar - ebenso wie die Finanzierung

Jedes Buch in Berliner Bibliotheken soll bis Ende 2009 mit einem Funkchip ausgestattet werden. Das plant eine Projektgruppe des Verbunds der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB). Das momentan benutzte Barcode-System soll durch sogenannte Radio-Frequency-Identification(RFID)-Chips ersetzt werden. Das Lesen der Daten per Funksignal würde Ausleihe und Rückgabe deutlich verkürzen, weil die Bücher stapelweise und ohne Berührung erfasst werden können. Für die Bezirksbibliotheken steht aber etwas anderes im Mittelpunkt: Sie erhoffen sich eine wirksame Diebstahlsicherung.

In der Bibliothek Marzahn-Hellersdorf ist der Bücherschwund ein großes Problem, fast täglich findet man dort herausgerissene Barcodes - von den Büchern keine Spur. "Wir sind machtlos gegen den Bücherklau", sagt Bibliothekarin Maike Niederhausen. Sogar die mit Schutzhüllen und Magnetstreifen gesicherten CDs und DVDs sind vor Dieben trotz Buchsicherungsanlagen nicht sicher: "Wir finden immer wieder aufgesägte Hüllen", so Niederhausen.

Rainer Sprengel, Leiter des RFID-Projekts im VÖBB-Servicezentrum, wiegelt ab: "Die Sicherung der Bücher ist nur ein Nebenaspekt der Chips", sagte er der taz. Diebstahl sei vor allem ein "gefühltes Problem" und nicht sehr gravierend. Tatsächlich lässt sich das Ausmaß des Schadens nicht beziffern: Die Bibliotheken führen keine Statistik über geklaute Bücher. In erster Linie gehe es darum, die Bibliotheksmitarbeiter von der Arbeit am Barcode-Scanner zu befreien, so Sprengel. "Das kann kaum als bibliothekarische Arbeit bezeichnet werden, unsere Mitarbeiter müssen damit aber den Großteil ihrer Arbeitszeit verbringen." Durch die Umstellung auf RFID-Chips könnte das Personal sich wieder mehr mit den Büchern und dem Kundenservice beschäftigen. Außerdem könnten Rückgabestellen vor den Büchereien eingerichtet werden, an denen ausgeliehene Bücher jederzeit zurückgegeben werden können - der Funkchip meldet dann, dass das Buch wieder zurück im Bestand ist.

Auch an der Bibliothek der Humboldt-Universität laufen die Planung für eine Umstellung auf RFID. Damit könnte auch einem beliebten Trick ein Ende gemacht werden, mit dem sich Studierende ihre Bücher sichern: Im Lesesaal verstecken sie die benötigten Bücher an einem anderen Ort im Regal. So kommen sie jederzeit heran, denn Kommilitonen können sie nicht finden und ausleihen. Mit den Funkchips könnten die Bücher im Raum geortet werden, auch wenn sie nicht an dem für sie vorgesehenen Platz stehen.

Die Kosten für die Umstellung belaufen sich für die Öffentlichen Bibliotheken laut einem Gutachten auf etwa 14 Millionen Euro. Sprengel geht jedoch eher von 10 Millionen Euro aus: "Im letzten Jahr ist die Technik sehr viel billiger geworden." Noch sei aber unklar, wie die Kostenverteilung zwischen Land und Bezirken aussehen soll.

Die Universitätsbibliothek Karlsuhe arbeitet seit zweieinhalb Jahren mit den RFID-Chips, der Vorteil: Die Studierenden können Bücher selbstständig rund um die Uhr ausleihen und zurückgeben. Der Nachteil: Die Chips sind gut sichtbar auf der Rückseite der Bücher angebracht - und können prima herausgerissen werden. Der stellvertretende Direktor der Bibliothek gibt zu: "Unsere Schwundrate hat sich verdoppelt."

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