Berliner Uni nutzt ihre Datenbank für Unternehmerinteressen: McKinsey hat den Hut auf

Die Freie Universität verschickt Einladungen von Unternehmensberatungen an ausgewählte Studierende. Kein Problem, sagt die Unileitung. Doch, das ist ein Problem, sagten Datenschützer

Vorsortiert für interessierte Unternehmen: Hochschulabsolventen im Angebot Bild: AP

Die Freie Universität Berlin ist seit gut einem Jahr eine von neun Eliteuniversitäten in Deutschland. Doch für McKinsey und Boston Consulting war das noch nicht gut genug: Bei der Suche nach Nachwuchskräften möchten sie nur die Besten der Besten ansprechen. Im Auftrag der beiden Unternehmensberatungen suchte die Universität daher besonders leistungsstarke Studierende der Wirtschaftswissenschaften aus. Die bekamen dann Werbebriefe mit der Einladung zu Rekrutierungsveranstaltungen der Unternehmen.

Doch in der kommenden Woche bekommt auch die FU Post - vom Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix. In seiner Behörde meint man: Die Universität dürfe ihr Wissen über die Noten der Studierenden nicht dafür nutzen, um für Unternehmen eine Vorauswahl über geeignete Job-Bewerber zu treffen.

Der VWL-Student Tobias Metzger hatte im Mai die Werbung von McKinsey im Briefkasten. Auf einem Abendtermin würde das Unternehmen sich gerne vorstellen. Metzger las den Brief und staunte: "Braucht meine Universität wirklich so dringend Geld, dass sie meine Daten verkauft?" Metzger schreibt gerade an seiner Diplomarbeit und will mit der Kritik an seiner Universität lieber nicht mit echtem Namen in der Zeitung stehen.

Doch die Universität hatte die Daten gar nicht weitergegeben. Vielmehr gaben die Unternehmen ihre Briefe an die Universität, die dann die Studierenden auswählte und die Briefe verschickte. Post von McKinsey bekam, wer das Vordiplom nicht schlechter als mit der Note 2,3 machte und nicht länger als 11 Semester studiert. Boston Consulting gab keine Note vor, sondern wollte die besten 10 bis 15 Prozent erreichen.

Universitätssprecher Goran Krstin meint: Diese Art, "Studierende auf dem Weg in den Beruf zu unterstützen, wird von diesen nach unseren Erfahrungen gewünscht und geschätzt". Wer die Briefe nicht wolle, könne sich etwa an das Präsidium wenden und sie abbestellen. Die 280 Euro, die der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften 2007 dafür bekommen habe, decke lediglich Portokosten und den zusätzlichen Aufwand.

So richtig lohnend ist das Geschäft dagegen für die Firmen: So gezielt und billig können sie ihre Wunscharbeitnehmer auf keinem anderen Weg ansprechen. Kein Wunder also, dass die Unternehmen die Kooperation gerne fortsetzen würden. Sowohl bei McKinsey als auch bei Boston Consulting heißt es: Ist doch prima, wenn wir Studenten beim Berufseinstieg helfen.

Doch ist das Geschäft mit den Daten legal? Der Landesdatenschutzbeauftragte hat Zweifel. Die Auswahl der Universität verletze die "schutzwürdigen Belange" jener Studierenden, die keine Einladung erhalten, heißt es in einem Vermerk des zuständigen Mitarbeiters. Das Prinzip der Chancengleichheit sei damit von Anfang an verletzt. Es gebe keine eindeutige Rechtsgrundlage, die der Universität die Vorauswahl erlaube. Zulässig sei die Werbepost nur dann, wenn alle Studierenden angeschrieben werden, die ein Fach seit einer bestimmten Zahl von Semestern studieren.

Die FU möchte zum Vorwurf, den Datenschutz zu vernachlässigen, derzeit nichts sagen. Man könne sich zu dem Schreiben des Datenschutzbeauftragten "erst äußern, wenn dieses uns vorliegt", so Rechtsamtsleiter Hellmut-Johannes Lange.

Bei der Technischen Universität droht vergleichbarer Ärger mit dem Datenschutzbeauftragen nicht. Dort ist in einer "Adressenweitergabeordnung" festgelegt, für welche Zwecke die Daten der Studierenden genutzt werden können - Unternehmenspost ist nicht vorgesehen.

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