Verseuchte Flüsse: Flucht vor der Cholera in Simbabwe

Verzweifelte Menschen suchen Zuflucht und medizinische Versorgung im benachbarten Südafrika. Bislang forderte die ansteckende Krankheit mindestens 500 Tote.

Die medizinische Situation in Simbabwe wird immer schlimmer: Viele Cholera-Kranke bekommen keine Hilfe. Bild: reuters

JOHANNESBURG taz Täglich strömen mehr Flüchtlinge aus Simbabwe in die kleine Stadt Musina auf südafrikanischer Seite. Sie überqueren den simbabwischen Grenzposten Beitbridge schon seit einigen Jahren mit einem Tagesvisum, um dem wirtschaftlichen Kollaps und jetzt der politischen Ungewissheit über eine bisher nicht umgesetzte Machtteilung zwischen Präsident Robert Mugabe und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai in ihrem Heimatland zu entkommen. Sie kaufen mit wenig Geld ein paar Lebensmittel oder entschwinden illegal in Richtung Johannesburg.

Doch nun sind in Musina Flüchtlinge und Grenzgänger in Behandlung, die an Cholera erkrankt sind. Vor dem örtlichen Krankenhaus stehen drei Zelte zur Isolation der Erkrankten, Kirchen wurden zu Notlagern. In Simbabwe sind seit dem Cholera-Ausbruch im August etwa 12.500 Menschen erkrankt und mindestens 500 gestorben. Verzweifelte Menschen aus Simbabwe fliehen durch den löchrigen Grenzzaun oder durchqueren den Grenzfluss Limpopo, der momentan wenig Wasser führt. Doch die Regenzeit steht bevor, und der Fluss ist bereits mit Cholerabakterien verseucht, sagen die südafrikanischen Behörden.

"Die humanitäre Situation wird sich verschlimmern", meint Matthew Cochrane in Musina, Mediensprecher des Internationalen Roten Kreuzes. "Die Infrastruktur in Simbabwe ist schlecht und die medizinische Versorgung weitgehend zusammengebrochen." In Musina und Umgebung erhalten die Infizierten kostenlose medizinische Hilfe. Vor dem Ankunftslager warten etwa 1.000 bis 2.000 Menschen, die bei den lokalen Behörden Asyl beantragen wollen. Das südafrikanische Innenministerium stellt derzeit Übergangsdokumente für sechs Monate aus. Doch Unterkünfte fehlen - die Menschen schlafen im Freien und müssen mit einer Wasserleitung auskommen. Das Innenministerium erklärte, seit Eröffnung des Zentrums vor vier Monaten seien 40.000 Anträge bearbeitet worden.

Internationale Hilfswerke sind in Musina tätig. Das Rote Kreuz zum Beispiel händigt Mittel zur Aufbereitung von keimfreiem Wasser sowie Aufklärungsbroschüren in Englisch und den simbabwischen Sprachen Shona und Ndebele aus, um Ansteckungen vorzubeugen. In Südafrika sind sieben Menschen an Cholera gestorben, darunter drei Südafrikaner. Zwei waren Lkw-Fahrer, die weit entfernt von Musina in Johannesburg und Durban an Cholera starben. "Es sieht aber derzeit so aus, als sei die Situation in Südafrika unter Kontrolle", meinte Cochrane.

In dem etwa 80 Kilometer von Musina entfernten Dorf Madimbo sind zahlreiche südafrikanische und simbabwische Farmarbeiter an Cholera erkrankt. Sie verdienen ihr Geld auf Obstplantagen und haben offenbar Wasser aus dem verseuchten Limpopo getrunken oder Fisch aus dem Fluss gegessen.

Die Europäische Kommission unterstützt mit über 9 Millionen Euro Hilfswerke der UNO und ihre einheimischen Partnerorganisationen in Simbabwe, damit die hohe Ansteckungsgefahr eingedämmt und Wasserqualität, Sanitäranlagen und Hygiene verbessert werden können. Fast alle Regionen in Simbabwe sind von dem Cholera-Ausbruch betroffen. Unicef konzentriert die Nothilfe auf simbabwische Frauen und Kinder, die stark von der Lebensmittelknappheit, HIV/Aids (eins von vier Kindern ist ein Waisenkind) und mangelnder Gesundheitsvorsorge betroffen sind.

Schulen und Krankenhäuser in Simbabwe sind geschlossen. Krankenschwestern, Ärzte und Lehrer demonstrierten am Mittwoch in der Hauptstadt Harare gegen die politische und medizinische Krise im Land und forderten bessere Arbeitsbedingungen. Sie wurden von Polizisten mit Knüppeln vertrieben.

Am vergangenen Montag zogen sogar randalierende Soldaten durch Harares Straßen. Sie waren wütend über die langen Schlangen an den Bankautomaten und die nur kleinen täglichen Geldbeträge, die Simbabwer dort wegen der nationalen Geldknappheit abholen können. Oft reicht es nicht mal für einen Laib Brot. Gleichzeitig hatte die Stadtverwaltung am Montag den Wasserhahn für die Hauptstadt zugedreht. Angeblich fehlten Chemikalien für die Reinhaltung des Wassers.

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