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Glaubenstest für Pauker

Die Hannoversche Evangelische Landeskirche will ihre Religionslehrer vor dem Referendariat einer „Gewissensprüfung“ unterziehen. Die GEW warnt vor einer „Reideologisierung“ des Unterrichts

Von Kai Schöneberg

Die Mitglieder laufen weg, der Einfluss der Kirchen im öffentlichen Leben sinkt stetig. Um dem einem Riegel vorzuschieben, sollen jetzt wenigstens die Religionslehrer mit Gewissensprüfungen gottesfester gemacht werden. Das jedenfalls fürchten Kritiker der geplanten Glaubens-Überprüfungen für niedersächsische Religionslehrer. Bislang müssen evangelische Religionslehrer in Niedersachsen nur Mitglied der Kirche sein. Ab dem kommenden Schuljahr sollen sie jedoch – wie die katholischen Religionslehrer – nach dem Referendariat erstmals einer so genannten „Bestätigung“ unterzogen werden, damit eine „gelebte Glaubens- und Frömmigkeitspraxis den Unterricht“ präge. Das geht aus einem Schreiben der Hannoverschen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche hervor, das der taz vorliegt. Außer in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein gebe es die evangelische „Vocatio“ bereits in ganz Deutschland. In Niedersachsen mit seinen 6.300 evangelischen Religionslehrern soll das „Kirchengesetz über die kirchliche Bestätigung von Religionslehrkräften“ ab August 2006 gelten.

Die Lehrergewerkschaft GEW kritisierte eine „Reideologisierung“ der Schule. „Die Evangelische Kirche will den säkularisierten Religionsunterricht verhindern“, sagt Niedersachsens Landes-Vorsitzender Eberhard Brandt. „Mir scheint das eine Rolle rückwärts zu sein.“ Als „Machtpolitik“, die ihren Grund im „Selbsterhaltungstrieb der Kirche“ habe, geißelt der Göttinger Theologe Gerd Lüdemann den Plan. Der Professor, der selbst dem Glauben abgeschworen hat, war vor kurzem vor dem Bundesverwaltungsgericht mit einer Klage gegen seine Zwangsversetzung durch die Göttinger Universität gescheitert. Ein konfessionell geprägter Religionsunterricht sei „in einem Zeitalter, in dem es um Wissen geht“, nicht mehr zeitgemäß, betont Lüdemann.

Das sieht auch GEW-Chef Brand so. Es sei doch nur „ein alter Zopf“, dass „die Trennung zwischen Staat und Kirche nach dem 1. Weltkrieg nicht vollständig durchgeführt wurde“. Im Loccumer Vertrag mit dem Land Niedersachsen hatten die evangelischen Kirchen auch vor gut 50 Jahren „zunächst“ auf eine „Vocationsordnung“ verzichtet, weil er von den Religionslehrern als ein „Übergriff“ von Seiten der Kirchen hätte verstanden werden können. Doch die Kirchen verlieren bald eine wichtige Kontrollfunktion bei der Ausbildung der Religionslehrer. Bislang hatten Kirchenvertreter den Vorsitz bei der Prüfung für das Lehrerexamen inne. Doch diese Regelung im Loccumer Vertrag greift bei den neuen Master- und Bachelor-Abschlüssen nicht mehr.

Also soll künftig eine Vocations- oder Fortbildungstagung die Eignung der Referendare kirchlich absegnen, auf Wunsch auch mit anschließendem Gottesdienst. Im Unterschied zur katholischen „Missio“ wollen die Evangelen ihre angehenden Lehrer jedoch keiner „Prüfung des Lebensvollzugs“ unterziehen.

Die sei gar nicht übermäßig inquisitorisch, sagt Uwe Steinert vom ökumenischen Aktionsausschuss Niedersächsischer Religionslehrerinnen und Religionslehrer (ANR), dem landesweit 3.000 Kollegen angeschlossen sind. Der ANR begrüße den Kirchenplan: „Wir finden es gut, dass sich die Kirche nicht aus der Fortbildungsverantwortung zieht“, betonte Steinert. Die Distanz zur Kirche gehe durch Frömmigkeit nicht verloren, sagt der gläubige Lehrer. Vielmehr führe sie zu einer Religionspädagogik, die Kindern auch andere Bekenntnisse nahe bringen könne.

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