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Natürlich kann kein Dokumentarfilm in absehbarer Zukunft das Gewesene "so wie es war" abbilden, sondern selektiert durch die Wahl der Sujets; diese Tatsache birgt einerseits auch eine ästhetische Komponente.
Eichinger und Edel propagierten aber bereits vorab das aufklärerische Potential ihres Werkes, indem sie behaupteten, sie wollten "[ihren Kindern] erzählen was von 1967 bis 1977 [...] passiert ist."
Genau aufgrund dieses Anspruchs dürfte m.E. die Frage nach dem Grad der Genauigkeit keine rein ästhetische, sondern sollte vielmehr eine moralische sein, denn immerhin leben viele der Zeitzeugen noch, und fühlen sich, unter Umständen, wie jetzt im Fall Ines Ponto, persönlich mißachtet.
Ob der einzelne Betrachter den Film nun für gelungen hält oder nicht: die Jagdlust auf den Ausland-Oscar hat jegliche moralische Verantwortung seitens der Produzenten offensichtlich zerstreut.
Über 1,3 Millionen Wohnungen stehen leer in ländlichen Regionen. Bauministerin Geywitz (SPD) will deshalb mehr Menschen zum Umzug aufs Land bewegen.
Kommentar Baader-Meinhof-Film: Richtiges zum falschen Film
Hätte die Witwe von Jürgen Ponto Recht bekommen, bestünde die Gefahr, dass alle Filme mit zeitgeschichtlichen Themen nachträglich gekürzt werden müssten.
"Der Baader Meinhof Komplex" bleibt, wie er ist. Ignes Ponto, die Witwe des von der RAF ermordeten Bankiers Jürgen Ponto, wollte vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen den Film erwirken. Die Sequenz, die die Ermordung ihres Mannes darstellt, sollte entfernt werden, da sie vom wirklichen Hergang der Ereignisse abweiche. Im Urteil vom Freitag sah das Gericht Pontos Persönlichkeitsrechte nicht verletzt und berief sich auf die Freiheit der Kunst. Der Produzent Bernd Eichinger und der Regisseur Uli Edel wurden auch nicht dazu verpflichtet, den Vorspann um einen Hinweis zu ergänzen, der die Diskrepanz zwischen Filmversion und Wirklichkeit kenntlich macht.
Man muss "Der Baader Meinhof Komplex" nicht mögen, um das Urteil zu begrüßen. Dass die Sequenz Ignes Ponto großes Unbehagen bereitet, ist zwar nachvollziehbar. Doch hätte sie recht bekommen, liefe jeder Spielfilm, der sich zeitgeschichtlicher Themen annimmt, Gefahr, gekürzt zu werden.
Immer wird sich ein Beteiligter finden, der mit der Darstellung unzufrieden ist; jüngere Diskussionen wie die um Bryan Singers Attentatsthriller "Operation Walküre" oder Luigi Falornis "Feuerherz" belegen dies. Fiktionen aber folgen anderen Regeln als die Geschichtsschreibung; sie durchdringen und verdichten das historische Material und gelangen gerade über diesen Prozess zu einer eigenen Plausibilität.
In dieser Hinsicht führt sich "Der Baader Meinhof Komplex", freundlich formuliert, recht ungeschickt auf. Marketing und Selbstauskünfte der Macher zielen darauf, die Wirklichkeitstreue des Films zu betonen. Jeder medienversierte Zuschauer weiß aber, dass Authentizität, egal ob im Dokumentar- oder im Spielfilm, ein Ding der Unmöglichkeit ist. Jedes Filmbild ist Auswahl, Ausschnitt, Setzung. Wer hier behauptet, er bilde die Wirklichkeit ab, muss sich fragen lassen, warum er etwa auf richtige Autokennzeichen Wert legt, die Ermordung im Film aber anders verläuft als in den Ermittlungsakten. Solche Fragen zu verhandeln steht jedoch einer ästhetischen Debatte an, keiner Gerichtsverhandlung.
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Kommentar von
Cristina Nord
Kulturredakteurin
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