Kommentar Die Muskelshow der FDP: Präpotent

Mit der Hessenwahl ist noch längst nicht entschieden, ob die FDP künftig die Mehrheitsbeschafferin sein wird.

Seit einem Jahr wird nun schon über das angeblich neue Fünfparteiensystem debattiert, doch darauf eingestellt haben sich die Politstrategen offenbar noch nicht. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass sich die FDP nach der Hessenwahl anderthalb Tage lang mit einer Blockademacht im Bundesrat aufplustern konnte, die sie nicht besitzt - und dass die Regierungsgrünen in Hamburg und Bremen ebenso lange brauchten, um ihre eigene Rolle als mögliche Mehrheitsbeschaffer zu entdecken. Bei etwas mehr politischem Weitblick hätten vielleicht auch die beiden Fraktionsvorsitzenden Fritz Kuhn und Guido Westerwelle das Konjunkturpaket nicht in der vorigen Woche noch als "Murks" und "Flickschusterei" verdammt - um schon wenige Tage später, von der Landtagswahl in Hessen offenbar völlig überrascht, ihre Zustimmung in der Länderkammer zu einem mehr oder weniger hohen Preis anzubieten.

Die Prognosen, nach denen die FDP für den Rest der Wahlperiode als vierte Regierungspartei neben CDU, SPD und CSU am Berliner Kabinettstisch sitzt, sind damit verfrüht. Auch der Weg zu einer schwarz-gelben Bundesregierung ist mit der Hessenwahl noch keineswegs gebahnt, zumal ein solches Bündnis nach dem absehbaren Verlust der christdemokratischen Alleinherrschaft im Saarland und in Thüringen wie jede andere denkbare Koalition ohne eigene Bundesratsmehrheit dastünde.

So ist das Ringen ums Konjunkturpaket der Auftakt zu jenem Wettlauf um die Gunst der Kleinen, der für die beiden schwindsüchtigen Volksparteien den Ausgang der Bundestagswahl entscheiden wird.

Wenn sich Angela Merkel an diesem Mittwoch mit Westerwelle trifft, kann das jetzt nicht mehr der Auftakt zu vorgezogenen Koalitionsverhandlungen sein. Wenn auch der rot-rote Berliner Senat dem Konjunkturpaket zustimmt, das Linken-Chef Oskar Lafontaine als "Dreistigkeit" bezeichnete, dann wäre der FDP mit ihrer Kraftmeierei vor allem eines gelungen: Sie hätte im Bundesrat jene Mehrheit aller übrigen Parteien gegen sich aufgebracht, die momentan auch einer gesellschaftlichen Mehrheit in Deutschland entspricht.

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