Mazedoniens Außenminister über EU-Beitritt: "Wir warten auf einen Heiratsantrag"

Mazedoniens Außenminister Milososki hält sein Land für die Beitrittsverhandlungen mit der EU vorbereitet. Doch der Namensstreit mit Griechenland belastet die Beziehungen.

"Die Blockade des Nato-Beitritts durch Griechenland war ein sehr harter Schlag." Bild: reuters

taz: Herr Milososki, was war außenpolitisch betrachtet in letzter Zeit das negativste Ereignis für Mazedonien?

Antonio Milososki: Die Blockade unseres Nato-Beitritts durch Griechenland beim Bukarester Nato-Gipfel. Das war ein sehr harter Schlag für unsere junge Demokratie.

Griechenland verweigert Skopje das Recht, seinen verfassungsgemäßen Namen "Republik Mazedonien" zu verwenden. Was bezweckt Athen damit?

Der Namensstreit geht darauf zurück, dass Griechenland den Mythos einer reinen Nation schützen will. Das heißt: ein Staat, eine Sprache, eine Nation. Dabei lebt im Norden des Landes eine kleine mazedonischsprachige Minderheit. Diese Minderheit darf ihre Muttersprache nicht verwenden und ihre kulturelle Identität nicht pflegen. Und aus demselben Grund versucht Griechenland, einer kleinen Nation wie Mazedonien das Selbstbestimmungsrecht zu verweigern.

Wegen des Namensstreits hat die Regierung in Skopje kürzlich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen Athen geklagt. Was versprechen Sie sich von diesem Schritt?

Es geht um Artikel 11 unseres Interimsabkommens mit Griechenland. Darin hat sich Griechenland verpflichtet, Mazedonien nicht zu blockieren, wenn sich das Land um eine Mitgliedschaft in internationalen Organisationen bewirbt. Beim Bukarester Nato-Gipfel hat Athen diesen Artikel zum ersten Mal verletzt. Deshalb verlangen wir von dem Haager Gerichtshof, diese Verletzung festzustellen.

Wie stehen Ihrer Meinung nach derzeit die Chancen für einen Kompromiss, und wie könnte dieser aussehen?

Dieser Kompromiss kann nur auf bilateraler Ebene gefunden werden. Mazedoniens verfassungsgemäßer Name ist ja nur in Athen umstritten. Wir wären bereit zu akzeptieren, dass Griechenland für unser Land einen anderen Namen verwendet. Zum Beispiel: Republik Mazedonien in Klammern Skopje. Darüber müssten die Mazedonier in einem Referendum entscheiden.

Der Namensstreit zwischen Athen und Skopje begann 1991. Griechenland lehnt die verfassungsgemäße Bezeichung "Republik Mazedonien" ab, weil es fürchtet, Skopje könne Gebietsansprüche an die griechische Nordprovinz stellen, die den gleichen Namen trägt. Daher firmiert Mazedonien in internationalen Organisationen als "ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien". Anfang 2009 mahnte die International Crisis Group eine baldige Lösung des Streits an. Andernfalls könnten Versuche von EU und Nato, den Westbalkan zu stabilisieren, zunichte gemacht werden.

ANTONIO MILOSOSKI, 33, studierte Rechtswissenschaften in Skopje. Seit September 2006 ist er Außenminister von Mazedonien.

Fühlen Sie sich international ausreichend unterstützt?

Die Tatsache, dass uns 125 Länder unter unserem Namen anerkannt haben, ist ein klares Zeichen. Was die EU-Staaten angeht, wäre es für uns eine große Unterstützung, wenn die EU Athen sagen würde: Wenn ihr ein bilaterales Problem habt, solltet ihr das auch bilateral lösen und nicht die EU in Geiselhaft nehmen. Ein solcher Missbrauch der EU-Mitgliedschaft schadet der Glaubwürdigkeit der EU insgesamt.

Die Hoffnung Mazedoniens, 2008 einen Termin für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen zu erhalten, hat sich nicht erfüllt. Der jüngste EU-Fortschrittsbericht kritisiert unter anderem Defizite im Bereich Inneres und Justiz. Fühlen Sie sich gerecht bewertet?

Wir sind schon drei Jahre mit der EU verlobt und warten jetzt auf einen Heiratsantrag. Natürlich ist in Mazedonien noch viel zu tun. Aber wir denken, dass wir auf Beitrittsverhandlungen nicht weniger vorbereitet sind als Länder, die bereits der EU angehören. Wenn man beispielsweise die Berichte von Transparency International liest, so lag Mazedonien beim Kampf gegen die Korruption 2006 auf dem 106. Platz. 2007 sind wir auf den Platz 72 vorgerückt. Das zeigt, dass Mazedonien auf einem guten Weg ist.

Zum ersten Mal hat die EU mit Bulgarien ein EU-Neumitglied hart bestraft und dem Land wegen Mängel bei der Korruptionsbekämpfung 220 Millionen Euro entzogen. Befürchten Sie, dass die Probleme, die Brüssel mit Sofia hat, sich negativ auf den Beitrittswunsch der Mazedonier auswirken könnten?

Für die Ambitionen Mazedoniens und auch anderer Länder in der Region ist das alles andere als hilfreich.Wir befürchten, dass das schlechte Image einiger neuer EU-Länder Erweiterungsskeptikern als Argumentationshilfe dienen könnte.

Hat die Tatsache, dass Mazedonien die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien anerkannt hat, das Verhältnis zwischen Skopje und Serbien verschlechtert?

Nach der Anerkennung Kosovos durch Mazedonien und Montenegro wurden der mazedonische und montenegrinische Botschafter in Belgrad zur Persona non grata erklärt. Das hat uns gezeigt, dass Serbien in der Lage ist, gegenüber seinen kleineren Nachbarn die Muskeln spielen zu lassen. Unlängst haben wir ein Signal aus Belgrad erhalten, dass Skopje einen neuen Botschafter nach Serbien schicken darf. Ich glaube, dass sich die Kontakte auf politischer Ebene bald wieder normalisieren werden.

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