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Die "Rheinische Post" onlineKlick-Prostitution im Netz

Qualität und Online-Journalismus - das geht nicht immer zusammen. Schockierend ist der Internetauftritt der "Rheinischen Post". In Weblogs wird sie heftig kritisert.

Flexibel sollte man sein, wenn mehr Klicks generiert werden müssen. Bild: dpa

Zwölf Redakteure bestücken in Düsseldorf den größten Onlineableger einer deutschen Regionalzeitung; gemeinsam mit einem guten Dutzend freier Mitarbeiter entscheiden sie, was die Surfer auf rp-online.de lesen. Zwölf Onlineredakteure. Damit sollte die Rheinische Post (RP) gut aufgestellt sein. Besser jedenfalls als andere, auch überregionale Blätter, die deutlich weniger Personal für ihre Onlinepräsenzen abstellen und sich vor allem darauf beschränken, die Inhalte der Printausgaben ins Netz umzuheben und Agenturmeldungen zu kopieren.

Wer aber nun glaubt, mit einer größeren Mannstärke könnte ein breiter aufgestelltes, ebenso fundiertes Angebot gestemmt werden, wird oft enttäuscht. RP Online wirkt nicht selten vor allem eins: schockierend. Und so ziehen qualitätsbewusste Vertreter der Internetgemeinde über das her, was RP Online laut der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung zuletzt pro Monat etwa 1,3 Millionen einzelnen Lesern bot. Oder: womit sich diese 1,3 Millionen so genannten Unique Visitors zufrieden gaben.

Unter Überschriften wie "PR Online" oder "Doof wie RP Online" firmieren Beispiele wie dieses: Ein Artikel - nicht als Reklame gekennzeichnet - warb für das neue Flaschendesign eines großen Bierbrauers. Der Text wurde nicht nur plump mit Passagen aus der Pressemitteilung der Brauerei gefüllt ("stilvolles und modernes Design"), sondern auch noch mit einer kleinen Fotoklickstrecke aufgemotzt.

Vor allem der Blogger Lukas Heinser und der Medienjournalist Stefan Niggemeier listen die vielen Fehler von RP Online auf, etwa jene sechs Texte zu einer einzigen Folge von "Wetten, dass …?", die am besten zu verstehen seien, so Niggemeier, "wenn man sie sich in der schnörkeligen Handschrift einer Elfjährigen vorstellt: fröhlich gedankenlos hingeschrieben, staunend, plappernd und voller Flüchtigkeits- und Rechtschreibfehler".

Denn oft mangelt es den Machern von RP Online an sprachlicher Seriosität. Eine Suche auf dem Portal führte zu etlichen Treffern, wo sich bei den Redakteuren statt "endgültig" die Schreibweise "entgültig" eingebürgert hatte; was zeigt, dass sich der Verlag die Rechtschreibkorrektur fürs Web spart. Womit wir beim Kern des Problems wären, nämlich ob Journalismus im Internet Journalismus mit möglichst geringen Mitteln ist. Und zwar nicht bloß bei der RP. Auch bei anderen Angeboten im Web, die aber seltener erwähnt werden. In den Blogs bekommt vor allem die RP auf die Mütze.

In der Redaktion finden sie das gar nicht lustig. RP-Online-Chefredakteur Rainer Kurlemann bedauert, Heinser und Niggemeier würden sich "an einigen, wenigen Fällen" abarbeiten, die "Leistungen" aber nicht würdigen. Etwa die Berichterstattung zur US-Wahl, bei der RP Online im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern auch nachts aktuell berichtete. Oder der Absturz des Jets in Madrid im Sommer 2008, wo man sich bei einem spanischen Radiosender bedient habe, um Mehrwert zu bieten.

Kurlemann verteidigt die Mängel. Er sagt: "Es gehört nun mal zum Internetjournalismus, dass Qualitätskontrolle schwieriger ist als in Zeitungen." Man arbeite "eben viel schneller" und könne Texte "nicht stundenlang bis zu einem späten Redaktionsschluss" prüfen. Den Bierflaschenfall bedauert der Onlinechef einerseits ausdrücklich; andererseits will er sich nicht für alles die Verantwortung zuschieben lassen: "Letztlich müssen wir dahin kommen, dass die Qualitätssicherung beim Autor beginnt - viel mehr, als das bei Zeitungen üblich ist." Das Internet verlange Journalisten "eben eine stärkere Eigenverantwortung ab".

Zu diesem publizistischen Verständnis passt, dass Kurlemann neue Mitarbeiter nicht in die Verbesserung der Qualität seines Angebots investieren will. "Ganz ehrlich", sagt er, "wenn ich morgen drei zusätzliche Mitarbeiter genehmigt bekäme, setze ich die nicht ausschließlich für Qualitätskontrolle ein, sondern für die Verbreiterung und Verbesserung unseres Angebots." Immerhin müsse er auch "die wirtschaftlichen Notwendigkeiten sehen", sprich: Nachrichtenseiten im Netz werfen noch immer kaum Geld ab. Klicks genießen also im Zweifel eine höhere Priorität als journalistische Standards. Für den Fall, dass sich daran noch jemand stört und vielleicht eine Art "Bildblog" für die RP gründen will, haben sie in Düsseldorf vorgesorgt: Adressen wie rp-blog.de und rponline-blog.de hat sich die RP Online GmbH schon mal gesichert.

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15 Kommentare

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  • LH
    Lukas Heinser

    @Tim R.: "RP Online" ist das meistgeklickte Portal, weil es dort so viele Klickstrecken gibt. Wenn man das für hochwertigen Onlinejournalismus hält: okay.

     

    Und natürlich machen alle Portale Fehler, auch manchmal dumme. Aber nach eingehender Beschäftigung muss ich sagen: "RP Online" ist trotzdem auch auf diesem Gebiet führend.

  • J
    Johannes

    Also der Artikel hier ist mal wirklich sehr schlecht!

    Mir kommmt es so vor als ob hier von sich selbst geredet wird.

    Das Bild von dem leicht bekleideten Hintern soll erst mal die "geilen Böcke" anlocken, die dann in diesem "Drauf-Hau"-Artickel mit Inhaltslosen Vorwürfen gegen Konkurenten zufriedengestellt werden. Hätte der Autor nur einmal die Suche auf der eingenen Seite zum Thema "entgültig" benutzt hätter er festgestellt, dass allein heute (7.2) drei Artickel hier in der TAZ mit gleichem "Verbrechen" reingestellt wurden.

     

    Vielleicht sollten sich die Herren hier von der TAZ erst mal selbst an die Nase fassen und Qualitätssicherung einführen.

     

    Meine Meinung: Schlechtester Artickel des Monats

  • K
    Klugscheißer

    Das ausgerechnet die taz in Sachen journalistischer Qualität moniert, ist schlicht Ironie.

    Peinlich dabei finde ich jedoch die Headline und das, zugegeben, hübsche Arschbild mit dem um billige Klicks gebuhlt wird.

     

    Fühle mich hier irgendwie an die HITLER Bildzeitungsschlagzeile erinnert, über die sich doch auch erst kürzlich in der taz jemand ausgelassen hat.

     

    Ich frage mich jetzt wer sich prostituiert, RP online oder taz?

  • D
    Daniel

    Finde den Artikel auch recht schwach. Wenn man schon Klick-Prostitution in den Titel schreibt sollte man doch wenigstens mal erwaehnen wo da das Probelm liegt, also Pagehit-Rankings, sinnfreie Klickstrecken etc. erlaeutern. Auch die diversen Schoten wie Themenauswahl, das permanente Umdeklarieren von woertlich uebernommenen dpa-Meeldungen als eigene "Artikel" etc. werden nicht genannt.

    Und schoene Beispiele fuer die Verwendung von "entgueltig" lassen sich auch bei der taz finden, einfach mal selber die SuFu ausprobieren.

  • C
    Christian

    Wenn Journalisten im Internet so arbeiten wie im Beispiel der Rheinischen Post, dann ist es nicht bedauerlich, wenn professioneller Journalismus an gute Blogs oder Nachrichtenportale Marktanteile einbüßt.

     

    Da lese ich dann wirklich lieber den sehr guten, mit Herzblut geschriebenen Text eines Laien, als die halbherzige, fehlerhafte Schreibe eines Profis.

     

    Im Netz verschwinden die Grenzen der Professionalität, zumindest ist sie nicht mit Qualität gleichzusetzen. Man sollte auch Nicht-Professionellen Medien eine Chance geben und stärker beachten. Wenn man alleinig auf die Qualität schaut, dann leisten die Hobby-Redakteure vieler Communities und Blogs beachtliches.

     

    ----

    ENDE DER MELDUNG

    mehr von mir zu lesen gibt es auf typeer.de

  • S
    Salli

    @ Tim R.

    Ich stimme zu. Darüber hinaus macht es mich irre, selbst bei Profis, und nicht nur hier, so was zu lesen:

     

    Oder der Absturz des Jets in Madrid im Sommer 2008, wo man sich bei einem spanischen Radiosender bedient habe, um Mehrwert zu bieten.

     

    Wann geht es in die Redakteursköpfe rein, dass "wo" kein Allzweck-Nebensatz-Einleiter ist? Das ist genau so "schön" wie "Der, wo da steht." Klasse!

  • M
    Martin

    Peinlich, dass die taz einem gescheiterten und deshalb ehemaligen RP-Mitarbeiter eine solche Lobby bietet. Vielleicht liegt dies ja an der Klickprostitution? Eine Antwort seitens der taz wird es auf diese Frage vermutlich nicht geben.

     

    Fest steht aber, dass ein solcher Artikel über einen Mitbewerber an Unkollegialität kaum zu überbieten ist. In unserer Branche würde es so etwas seitens eines Unternehmens, das seriös wirken möchte, nicht geben. Aber Niveau ist eben Glückssache.

     

    Übrigens ist es peinlich, dass ein Artikel über Fehler der Konkurrenz mit einem solchen angeteasert wird. Herr Bouhs schreibt dort:

     

    "In Weblogs wird sie heftig kritisert."

     

    Tja, kritiseren ist so eine Sache, wenn man es selber nicht besser kann.

     

    In jedem Fall ein schwacher Beitrag. Reißerisch und damit pure Klickprostitution!

  • L
    Lukas

    @Hans Maulwurf: Medienjournalismus ist eben immer ein Steinbruch im Glashaus. Solange niemand von sich behauptet, selbst fehlerfrei zu sein, ist das aber völlig in Ordnung.

  • TR
    Tim R.

    Verdammt schwacher Artikel. Was wirft Herr Bouhs RP ONLINE denn vor? Was hat er denn rausgefunden? Er zitiert blind aus irgendwelchen Medienblogs, das war's. Würden Niggemeier & Co. nicht bei RPO, sondern bei anderen Nachrichten-Seiten nach Fehlern suchen, würden sie mindestens genauso fündig werden. Aber sie haben sich nun mal auf diese Seite eingeschossen, und das ist ja auch okay. Es ist ja nur ein Blog. Bedauernswert ist es aber, wenn eine Tageszeitung wie die TAZ mit auf diesen Zug aufspringt. Warum ist RPO denn das meistgeklickte regionale Online-Portal? Weil es so schlecht ist? Oder weil die User dumm sind? Richtig peinlich ist es, dass Herr Bouhs irgendwelche Begriffe in die RPO-Suche eingibt und auf sprachliche Unseriösität schließt. Geben Sie doch mal "entgültig" in die Suche von Spiegel Online ein, der erfolgreichsten deutschen Nachrichten-Website. Oder direkt hier bei der TAZ. Oder "Günther Netzer" bei süddeutsche.de. Jaja, scheiß Klick-Prostitution!

  • TR
    Tim R.

    Verdammt schwacher Artikel. Was wirft Herr Bouhs RP ONLINE denn vor? Was hat er denn rausgefunden? Er zitiert blind aus irgendwelchen Medienblogs, das war's. Würden Niggemeier & Co. nicht bei RPO, sondern bei anderen Nachrichten-Seiten nach Fehlern suchen, würden sie mindestens genauso fündig werden. Aber sie haben sich nun mal auf diese Seite eingeschossen, und das ist ja auch okay. Es ist ja nur ein Blog. Bedauernswert ist es aber, wenn eine Tageszeitung wie die TAZ mit auf diesen Zug aufspringt. Warum ist RPO denn das meistgeklickte regionale Online-Portal? Weil es so schlecht ist? Oder weil die User dumm sind? Richtig peinlich ist es, dass Herr Bouhs irgendwelche Begriffe in die RPO-Suche eingibt und auf sprachliche Unseriösität schließt. Geben Sie doch mal "entgültig" in die Suche von Spiegel Online ein, der erfolgreichsten deutschen Nachrichten-Website. Oder direkt hier bei der TAZ. Oder "Günther Netzer" bei süddeutsche.de. Jaja, scheiß Klick-Prostitution!

  • R
    Rolf

    Als Lokalblatt kommt man an der RP in Düsseldorf leider nicht vorbei, aber der Internet-Auftritt ist wirklich einer der beschissensten, den ich kenne!

  • FS
    Frank S,

    Und wo bitte gehts jetzt zur Klickprostitution?

  • DD
    duude doood

    also in punkto rechtrschreibfehler sollte sich taz.de auch selbst mal die leviten lesen!

  • HM
    Hans Maulwurf

    Wirft hier gerade jemand mit Steinen in einem Glashaus?

  • T
    Timon

    Wirklich schlimm ist, dass bei rp-online teilweise echt talentierte und nette Leute sitzen. Die werden dann mit glamour-Aufträgen und Journalismusvortäuschung beauftragt. Traurig - aber wahr.

    Manche Leute von Konkurrenzmedien in der Stadt haben eher Mitleid mit den RPlern. Die leiden auch nur unter der, wie ihr es schön nennt, von oben verordneten Klick-Prostitution.