Konjunkturlage in Berlin: Die Krise greift um sich

Die Industrie- und Handelskammer fordert Investitionen in den Straßenbau, um die Konjunktur anzukurbeln. Regionale Firmen blicken düster in die Zukunft und fürchten die Ankunft der Finanzkrise.

Geht es nach dem Willen der regionalen Industrie- und Handelskammer (IHK), sollte der Senat Finanzmittel zum Ankurbeln der Konjunktur direkt auf die Straße werfen. Da das Konjunkturpaket II der Bundesregierung keine Maßnahmen für Straßen- und Tiefbau enthalte, solle die Landesregierung zusätzliches Geld in die Hand nehmen, um selbst zu investieren, forderte am Dienstag der Berliner IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Immerhin gebe es einen über die Jahre aufgelaufenen Investitionsstau von bis zu 400 Millionen Euro. "Die Straßen müssen sowieso repariert werden", sagte Eder. "Je länger man wartet, desto teurer wird es. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt."

Zugleich äußerte er sich bei der Vorstellung des IHK-Konjunkturreports besorgt darüber, dass die Bezirke und in Brandenburg die Kommunen das zusätzliche Geld in Windeseile ausgeben müssen. Denn die zuständigen Stellen seien im Zuge des Investitionsstopps längst wegrationalisiert worden. In den Ämtern neues Personal einzustellen würde zu lange dauern.

Auch die Vergabe Dritten zu überlassen bringe Probleme mit sich, kritisierte der Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus, Wolfgang Krüger. So könnten externe Planer die Ausschreibungen je nach Bedarf anpassen. "Am Ende kriegen die Unternehmen die Aufträge, die mit den Planungsbüros zusammenarbeiten", sagte Krüger.

Dass die regionalen Firmen wirklich auf die Gelder hoffen, geht aus dem jüngsten Konjunkturreport hervor: Die Finanzkrise lässt die Unternehmer bangen, auch wenn sie kaum wirklich angekommen ist. Die Berliner und Brandenburger IHK hat dazu 1.600 Unternehmen, Dienstleister, Handels- und Industriebetriebe in der Region befragt.

Viele der befragten Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage dabei derzeit als recht positiv. Es ist der Blick in die Zukunft, der getrübt ist: Innerhalb eines Jahres ist der sogenannte Konjunkturklimaindex mit 86 Punkten nach 119 im Vorjahr auf dem Tiefstand seit 1995. Der Index setzt sich zusammen aus den Einschätzungen der Unternehmen zu ihrer aktuellen Geschäftslage und ihren wirtschaftlichen Erwartungen an die Zukunft.

Gegenwärtig beurteilen noch 27 Prozent der Unternehmen in der Region ihre Lage als gut. Zwar ist nur ein Fünftel der Befragten überhaupt nicht zufrieden, doch das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor einem Jahr. "Vor allem bei den Industrieunternehmen schlägt die Krise voll durch", sagte Eder. Sie seien das "bisherige Zugpferd der regionalen Wirtschaftsentwicklung".

Angesichts des Fachkräftemangels in vielen Wirtschaftszweigen verzichten die meisten Unternehmen aber auf Entlassungen. Denn ist die Krise überstanden, so die Meinung vieler Befragter, dürfte es schwierig werden, neues geeignetes Personal zu finden. Deshalb wollen 62 Prozent der Betriebe ihren Personalbestand beibehalten, 10 Prozent planen sogar Neueinstellungen. Die anderen setzen auf Kurzarbeit und besetzen frei werdende Stellen nicht neu.

Psychologisch ist die Flaute bei den allermeisten Unternehmen ohnehin längst angekommen: Fast die Hälfte aller Betriebe geht von einer schlechteren Geschäftsentwicklung in der Zukunft aus. Mehr als jedes dritte Unternehmen will weniger investieren als noch im vergangenen Jahr.

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