TV-Krise als Chance für Springer: Die Zeit wird reif

Der Konjunkturrückgang trifft Privatsender voll: Sparkurs bei RTL, Land unter bei ProSieben. Heißt der lachende Dritte jetzt etwa Axel Springer?

Der lachende Dritte: Springer-Chef Mathias Döpfner. Bild: ap

Des einen Leid war bekanntlich schon oft des anderen Freud, warum sollte es beim Privatfernsehen anders sein: Die Werbekrise trifft die kommerziellen Sender hart, aber im Gegensatz zur schuldengeplagten Sendergruppe ProSieben Sat.1 konnte RTL 2008 noch mal als ein Erfolgsjahr feiern.

Trotz des Konjunktureinbruchs hat Europas größte Sendegruppe ihren operativen Gewinn auf 916 Millionen Euro gesteigert und immerhin noch 296 Millionen Euro Jahresüberschuss verbucht. Zudem ist RTL praktisch schuldenfrei. ProSieben-Chef Thomas Ebeling hatte vergangene Woche dagegen knapp 130 Millionen Euro Verlust für 2008 gemeldet, zudem drücken hier 3,4 Milliarden Euro Schulden.

Für 2009 schwant aber auch RTL-Group-Chef Chef Gerhard Zeiler nichts Gutes: "Das operative Ergebnis wird niedriger ausfallen", so Zeiler vor Journalisten, 2009 habe auch für RTL "mit zweistelligen Rückgängen bei den Werbebuchungen" begonnen. Also gilt jetzt auch hier ein Sparkurs: "Das Programm muss zu den Zuschauern in gleicher Qualität und mit weniger Kosten kommen." Zur RTL-Group, zu über 90 Prozent im Besitz von Bertelsmann, gehören 45 Fernsehstationen und 32 Radiosender in ganz Europa. Wichtigster Teil sind die deutschen Sender.

Zeiler verordnete der gesamten Branche deutliche Kostenreduzierungen: "Die Krise wird auch nicht in den nächsten sechs Monaten vorbei sein", in einigen Märkten sei eine "Konsolidierung der TV-Industrie" - lies: Bereinigung von unprofitablen Sendern - unausweichlich.

Ob sich das auch auf den deutschen Markt bezieht, ließ Zeiler offen. Doch die Kluft zwischen RTL und ProSiebenSat.1 könnte nicht deutlicher ausfallen: ProSiebenSat.1 müsse schon seit Herbst 2008 mit "noch nie da gewesenen Werbepreis-Rabatten" um die lahmende Gunst der Wirtschaft buhlen. Zeiler will dagegen einen besonneneren Kurs fahren, auch wenn damit "klar ist, dass wir 2009 Werbemarktanteile verlieren". RTL habe zudem durchaus noch Mittel für Investitionen, will aber erst mal abwarten, so Zeiler. Zukäufe im deutschen TV-Markt sind wegen der geltenden Konzentrationsregeln für RTL nicht möglich.

Und so könnte von der dramatische Schwäche bei ProSiebenSat.1 ein lachender Dritter profitieren, der schon am Mittwoch seine Jahresbilanz 2008 vorstellte und heftigst auf die Optimismusdrüse drückte: Springer-Chef Mathias Döpfner. Der Zeitungskonzern hat 2008 mit 571,1 Millionen Euro Jahresüberschuss mal wieder einen Rekord eingefahren. Für 2009 erwartet zwar auch Döpfner empfindliche Rückgänge, doch Springer sei gut gerüstet und bereit zu Zukäufen: "Wir verfolgen eine klare Strategie, sind wirtschaftlich kerngesund und verfügen über die notwendigen Mittel, um Chancen im Markt aktiv zu nutzen." - Natürlich nur dann, wenn die Zeit dafür wirklich reif ist.

Wenn das ein Hinweis auf neuerliche Begehrlichkeiten in Sachen ProSiebenSat.1 war, sitzt der Zeitmesser praktischerweise gleich bei Döpfner im Vorstand: Der neue Springer-Finanzchef Lother Lanz kommt nämlich von ProSiebenSat.1 und hat den Laden sogar schon mehrfach weiterverkauft, kennt also alle Zahlen und die Beteiligten.

Bleibt das Kartellamt, das 2006 die geplante Fusion von Springer mit der Sendergruppe aus Wettbewerbsgründen untersagte. Im tiefen Konjunkturkrisental, wo Banken verstaatlicht und Autokonzerne gerettet und zusammengelegt werden müssen, könnten sich auch hier die Zeiten ändern. Mancher glaubt schon dran: Der Aktienkurs von ProSiebenSat.1 ist seit Mittwoch spürbar im Aufwind.

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