Kommentar Afghanistan: Keine Gespräche ohne Strategie

Die moderaten Kräfte bei den Taliban haben sich bisher noch nicht organisatorisch gesammelt. Ansprechpartner gibt es daher auch noch nicht.

Taliban ist nicht gleich Taliban. Wie jede breitere politische Bewegung weisen auch sie ein gewisses Meinungsspektrum auf. Neben den Hardlinern gibt es andere, die einen militärischen Sieg inzwischen für unmöglich halten. Deshalb suchen sie nach Außenkontakten, um für sich eine politische Machtbeteiligung zu sichern. Eine weitere Strömung lehnt die eskalierende terroristische Gewalt ab; es sei "antiislamisch", wenn immer mehr zivile Opfer zu beklagen sind, so ihre Position. Nicht mal die Ablehnung von Mädchenbildung ist unter den Taliban heute noch Konsens, so wie es zu Zeiten ihres Sturzes im Jahr 2001 noch eindeutig war.

Allerdings haben sich die moderateren Kräfte bisher noch nicht organisatorisch gesammelt. Damit gibt es für internationale Verhandlungen keinen Ansprechpartner. Auch sollte man "moderat" in diesem Fall nicht mit "demokratisch" oder "liberal" verwechseln. Selbst der gemäßigste Talib vertritt immer noch Positionen, die vielen Werten widersprechen, die in der unsicheren und bis an die Zähne bewaffneten Demokratie des heutigen Afghanistan gelten. Zudem würde mit einer politischen Einbindung der Taliban der islamistische Einfluss in Kabul weiter wachsen. Viele AfghanInnen wollen aber auf ihre neuen, wenn auch fragilen Rechte nicht verzichten. Ohne demokratische Gegenkräfte zu stärken, laufen Gespräche mit den Taliban auf einen prinzipienlosen Deal hinaus.

Zurzeit gibt es deshalb tatsächlich keine Grundlage für sinnvolle Gespräche, auch nicht für das Treffen, das der ehemalige US-Sonderbeauftragte von Expräsident Bush, Zalmay Khalilzad, derzeit in Dubai veranstaltet. Das ist auch dem Westen anzulasten, der zu lange Präsident Karzais Spiel mitspielte, den Aufstand als Terrorismusproblem darzustellen. Dabei treiben interne Faktoren - Korruption, vergeudete Hilfsgelder - viele Afghanen im Zorn den Aufständischen in die Arme.

Klar ist, dass früher oder später geredet werden muss. Dafür aber braucht es eine Strategie, die es bisher nicht gibt. In diese Lücke stoßen selbst ernannte Unterhändler wie Khalilzad.

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