: Schwarzer Pierrot
Auf den Fotos Zwelethu Mthethwas in der Galerie Hengevoss-Dürkop agiert ein weißer Mann als schwarze Frau
von Marek Storch
Zwelethu Mthethwa, Fotograf und Maler, geboren 1960 in Durban, ist ein südafrikanischer Vertreter jenes nachmodernen Verwirrspiels der Fotokunst, das seit einigen Jahren immer öfter in Galerien und Museen beobachtet werden kann. Das war nicht immer so: Der derzeit in der Galerie Hengevoss-Dürkop präsentierte Mthethwa begann recht traditionell mit Township-Fotos, die im Zuge des erwachten Interesses an zeitgenössischer afrikanischer Kunst in vielen deutschen Museen zu sehen waren.
In den späten neunziger Jahren zeigte der in Kapstadt lebende Mthethwa noch die Bewohner von Armensiedlungen und ihre Räume. Heute hat er diesen dokumentarischen Realismus gegen das Pathos der Parodie eingetauscht. In Hamburg ist derzeit die 2003 entstandene Serie „Ticket To The Other Side“ zu sehen, mittelformatige, gerahmte Cibachrome-Abzüge, die sich mit Rollenbildern im Südafrika der Postapartheid beschäftigen.
Protagonist der Serie ist stets ein Freund des Künstlers, Bizzy Bailey, ein weißer Südafrikaner, der mit großer Verkleidungslust in die Rolle schwarzer Frauen springt. Schwarz oder weiß? Die Frage ist schnell beantwortet, denn schon der zweite Blick deckt den Schwindel auf. Und genau darum scheint es hier zu gehen: um die Sichtbarmachung eines gedanklichen Konstrukts, das wir mit den Worten „die schwarze Frau“ zu umschreiben versuchen.
Was macht er also, der weiße Mann als schwarze Frau? Er putzt großbürgerliche Wohnungen, trägt den weißen Säugling auf dem Rücken, fügt sich in klassische Rollenbilder von Macht und Unterdrückung, inszeniert sich aber auch als stolze afrikanische Hausherrin – und hintergeht diese Posen als schauspielernder weißer Mann mit Make-up und Frauenkleidern.
In der ironischen Pose des Geschlechtertauschs erkennen Bizzy Bailey und Zwelethu Mthethwa in der Nachfolge westeuropäischer Transformer-Fotografie der siebziger Jahre eine geeignete Waffe, Unrecht und Unterdrückung anzugreifen. Die suggestive Kraft der thematisch verwandten Arbeiten der australischen Künstlerin Tracey Moffatt erreichen diese Fotografien nicht, doch macht es trotzdem Spaß, hier auf Entdeckungsreise zu gehen. In den Details liegt die Würze – und sei es auch nur der Anblick der Metzgerhände, mit denen Bailey durch die Bilder wuselt.
Mi–Fr 13–19, Sa 12–14 Uhr, Galerie Hengevoss-Dürkop, Klosterwall 13; bis 30.11.