Bedrohte Steueroasen: Steuerfluchtgesetz vereinbart

Das Kabinett beschließt, dass Steuerpflichtige das Finanzamt besser über Zahlungen in bestimmte Länder informieren müssen. Der Linken reicht das nicht.

Steuerpflichtige müssen das Finanzamt besser über Zahlungen in bestimmte Länder informieren. Bild: dpa

Nach einem monatelangen Streit wird das Bundeskabinett heute das Gesetz gegen Steuerflucht beschließen. Die große Koalition plant laut Medienberichten weitreichende Mitteilungs- und Nachweispflichten für deutsche Unternehmen und Privatpersonen, die geschäftliche Kontakte in Steueroasen unterhalten. Sonst müssen sie mit steuerlichen Nachteilen rechnen. Konkrete Auswirkungen hat das Gesetz zunächst nicht. Es gilt erst, wenn für einen konkret beschuldigten Staat eine entsprechende Rechtsverordnung vorliegt.

Am Montag hatten Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in einem Telefonat letzte Streitpunkte ausgeräumt. Die Einigung richtet sich gegen Steuerpflichtige, die nicht widerlegen können, dass sie mit Zahlungen in bestimmte Länder Abgaben hinterziehen wollen. Das Gesetz bezieht sich auf Zahlungen von mehr als 500.000 Euro. Die Union hatte ursprünglich eine Grenze von 750.000 Euro gefordert. Betroffen sind von dem Gesetz alle Staaten, die die Steuerrichtlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) missachten.

Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundesfraktion, sagt, er rechne mit einer Verabschiedung Anfang Juni. Danach hätten Staaten ein halbes Jahr Zeit, die OECD-Standards zu erfüllen. Sollten die Länder das nicht tun, könnten ab Anfang 2010 die ersten Rechtsverordnungen erarbeitet werden. Diese müssten dann von Kabinett und Bundesrat verabschiedet werden.

"Der sich jetzt abzeichnende Kompromiss ist nur noch Wahlkampfgetöse", erklärt Barbara Höll, steuerpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. Der Gesetzentwurf laufe ins Leere, weil völlig offen bleibe, welche Staaten überhaupt noch als Steueroasen eingestuft würden.

Was Steuerflucht angeht, teilt die OECD die Staaten in drei Gruppen ein. Auf der sogenannten schwarzen Liste befinden sich Länder, die sich weigern, die OECD-Standards umzusetzen. Diese Liste ist leer. Die zweite Gruppe sind Staaten, die sich zwar verpflichtet haben, Standards umzusetzen, das aber noch nicht tun. Die dritte Kategorie umfasst Länder, die die Standards bereits umgesetzt haben. Die Standards definieren bilaterale Abkommen, die einen Informationsaustausch auf Anfrage festlegen. Hat ein Land mit 12 anderen Ländern Verträge abgeschlossen, gelten die Standards als umgesetzt.

Derartige bilaterale Abkommen seien völlig wirkungslos, kritisiert John Christensen vom Taxjustice Network. Die Informationspflichten und -hürden seien so hoch, dass es in der Praxis zu keinem Austausch komme. Im Falle der Insel Jersey im Ärmelkanal beispielsweise bestehe seit Langem ein Abkommen mit den USA, trotzdem seien bis zum März 2009 nur vier Verträge zum Informationsaustausch beschlossen worden. Christensen: "Wir brauchen multilaterale Abkommen, die auf einem automatischen Informationsaustausch basieren."

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