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Archiv-Artikel

Auslaufmodell Einfamilienhaus?

TRAUTES HEIM Aus heutiger Sicht ist ihr Grundriss für manch einen zu klein, sie sind oft nicht instand gesetzt oder abgelegen. Häuser aus der Nachkriegszeit sind vor allem in schrumpfenden Städten zu Ladenhütern geworden

In Meppen, einer Stadt mit stabiler Bevölkerungszahl, wohnen stolze 92 Prozent aller Mieter in Wohnungen, die sich in Einfamilienhäusern befinden

VON JOACHIM GÖRES

Michael Schwarz versucht nun bereits zum wiederholten Mal, in der örtlichen Lokalzeitung einen Käufer für sein Einfamilienhaus im Celler Stadtteil Westercelle zu finden. „Westercelle, EFH, Bj. 1956, 95/600 m, Keller, 2 Bäder, Gaszentralheizung, VB 125 000 Euro“ steht in der Anzeige

Im ersten Anlauf kamen 20 Interessenten zur Besichtigung. Für Familien war sein Haus zu klein, für andere war der Preis zu hoch.

Der 56-jährige Kriminalbeamte ist inzwischen mit seinem Verkaufspreis runtergegangen. Eigentlich hatte sich Schwarz ausgemalt, für das Haus mit seinen vier Zimmern (in dem er schon wie lange wohnt?) 150.000 Euro zu bekommen.

Erwartet hätte er nicht, dass er nach Monaten immer noch einen Abnehmer für die Immobilie sucht, schließlich gilt der Stadtteil doch als beliebte Wohngegend. Weil er es nicht so eilig hat, muss Schwarz immerhin nicht jeden Preis akzeptieren. Aber er weiß schon jetzt, dass er das Geld, das er für die Dämmung und Instandhaltung in das Haus hineingesteckt hat, nicht wieder rausbekommen wird. Dabei liegt das Haus in einer ruhigen Seitenstraße, in der Siedlung aus der Nachkriegszeit reiht sich ein Haus mit Satteldach an das andere.

Eine Absicherung fürs Alter

Einfamilienhäuser gibt es viele in Deutschland. Vor allem in kleinen und mittleren Städten bestimmen sie das Bild. Meistens wohnen die Besitzer selbst in ihnen, nicht selten haben sie das Haus selbst gebaut. Das Haus gilt immer noch als Absicherung für das Alter. Wenn man die steile Treppe zum Schlafzimmer nicht mehr hochkommt, soll das mit dem Verkauf eingenommene Geld ermöglichen, dass man sich zumindest eine kleine barrierefreie Wohnung oder einen Platz im Seniorenheim leisten kann.

Dass diese Rechnung in vielen Fällen nicht aufgeht, zeigt eine jüngst erschienene Studie der Wüstenrot-Stiftung. Demnach haben gerade Einfamilienhäuser aus den 50er- bis 70er-Jahren aus heutiger Sicht oft erhebliche Nachteile und sind in vielen Regionen nur mit größter Mühe zu verkaufen. Im niedersächsischen Bad Sachsa zum Beispiel haben ältere Eigentümer oft nicht das nötige Geld für Renovierungen übrig, und so komme es bei den Immobilien zum Sanierungsstau, erklärt Andrea Richter, die im Bauamt arbeitet.

Schrumpfende Städte

Die Stadt zählt heute 7.500 Einwohner, aber die Zahl schrumpft. Wie die meisten Kommunen im Harz hat Bad Sachsa mit dem demografischen Wandel zu kämpfen. Viele kleine Läden in der Nachbarschaft schließen, sodass die Versorgung ohne Auto am Stadtrand immer schwieriger wird. „Nicht wenige Besitzer würden ihr Haus gerne verkaufen, um sich eine zentraler gelegene Wohnung zu nehmen, doch wegen der sinkenden Preise können sie sich das nicht leisten und bleiben dann doch lieber so lange wie irgend möglich dort wohnen“, sagt Richter. Auch sie weiß, dass es gerade für Häuser aus den 50er- bis 70er-Jahren besonders schwer ist, Käufer zu finden.

Wie stark die Preise für Einfamilienhäuser in den letzten zehn Jahren gefallen sind, zeigt der gerade veröffentlichte Wohnungsmarktbericht der niedersächsischen N-Bank: In den Landkreisen Lüchow-Dannenberg, Holzminden, Osterode, Northeim, Helmstedt und Delmenhorst um satte 20 Prozent. Bei den Häusern aus der Nachkriegszeit bemängelt der Bericht vor allem die schlechte Energiebilanz und die aus heutiger Sicht zu bescheidenen Grundrisse, die kleinen Räume sind so eben nicht mehr gefragt. Die Wüstenrot-Studie spricht außerdem davon, dass die Häuser in der Regel nicht barrierefrei sind und dass sie ungünstig gelegen sind. Immer mehr Käufer denken ans Alter und bevorzugen daher Häuser in der Nähe des Stadtzentrums, damit sie später alles gut zu Fuß erledigen können.

Auch und gerade deshalb sind zentrale Lagen am teuersten. In Regionen mit stabiler Bevölkerungszahl ist die Chance dagegen höher, auch in den Außenbezirken einen Käufer für sein Haus zu finden. So ist es etwa in Meppen, wo stolze 92 Prozent aller Wohnungen in Einfamilienhäusern liegen. „Ältere Einfamilienhäuser sind gefragt, selbst wenn sie nicht im besten Zustand sind, denn dann ist der Preis günstiger“, sagt Paul Dieker, Immobilienberater bei der Emsländischen Volksbank.

Weil die Kosten für einen Neubau immer weiter steigen, ziehen Familien hier lieber in bestehende Immobilien. Zahlungskräftigeres Klientel sei dagegen nur an der zentralen Lage interessiert, sagt er. „Die reißen das Haus aus den 50er-Jahren lieber ab und bauen etwas größeres dorthin.“

Viele Kommunen sind mittlerweile davon abgerückt, weitere Neubaugebiete auszuweisen. Sie wollen so verhindern, dass es mit den Einfamilienhaussiedlungen weiter bergab geht. Mit einem verbesserten Angebot für ältere Menschen können Kommunen dagegensteuern. In der Südstadt von Burgdorf bei Hannover beispielsweise wird auf ein verbessertes Pflegeangebot vor Ort gesetzt. Aber auch kleine Lebensmittelläden können älteren Menschen das Leben erleichtern.

Für die N-Bank ist klar: Neue Einfamilienhäuser zahlen sich höchstens noch in Hamburg, Bremen und in Westniedersachsen aus.

Die Studie der Wüstenrot-Stiftung kann man im Internet unter www.wuestenrot-stiftung.de kostenlos bestellen.

Der Wohnungsmarktbericht der N-Bank gibt es auf der Seite www.nbank.de.