Parlamentarischer Spieleabend der CSU: Gaudi mit der X-Box

Ausgerechnet die "Killerspiel"-Verbots-Partei CSU veranstaltet einen Videospielabend. Dabei konnte die CSU einen Abend so tun, als habe sie kein Problem mit dieser Jugendkultur.

Daddeln macht halt einfach Spaß - selbst der CSU. Bild: dpa

Wer einen CSU-Abgeordneten noch nie richtig peinlich erlebt hat, der muss ihn sich an einer Spielkonsole vorstellen. Vor dem Plenarsaal stochert der Fraktionsvize Karl Freller mit zwei Nintendo-Wii-Controllern in der Luft herum. Der Bildschirm zeigt ein Box-Videospiel, Freller tänzelt krampfig, als hätte ihn gerade ein fieser Animateur zum Clubtanz genötigt. Der medienpolitische Sprecher Eberhard Sinner tappt zaghaft auf einer Guitar-Hero-Plastikgitarre herum. Der Abgeordnete Manfred Ländner brummt "I want to break free" von Queen in eine Playstation. Die CSU nennt dies einen "parlamentarischen Spieleabend."

Die CSU-Fraktion ließ am Mittwoch den bayerischen Landtag von der Game-Industrie mit Spielkonsolen vollstellen, mit harmlosen Sport- und Partyspielen darauf, aber auch mit harten Titeln ab 18 wie "GTA4" oder "Crysis". Dafür konnte die CSU für einen Abend so tun, als habe sie kein Problem mit so einer Jugendkultur.

Dabei ist die CSU auch die Partei von Joachim Herrmann. Als bayerischer Innenminister kämpft er verbissen wie kein anderer für das Verbot von "Killerspielen", an dem die Landes-Innenminister derzeit arbeiten. Solche "Tötungstrainingssoftware" stünde "auf einer Stufe mit Drogen oder Kinderpornografie", lässt Herrmann in Pressemitteilungen ausrichten. Beim Spieleabend sieht man Herrmann nicht. Auch nicht Horst Seehofer. Der spielt wahrscheinlich derweil daheim mit seiner berühmten Modelleisenbahn.

Dafür steht Eberhard Sinner unter einer großen Leinwand mit einem stilisierten X-Box-Controller in CSU-Farben darauf. Unter Edmund Stoiber war Sinner Medienminister, jetzt ist er der medienpolitische Sprecher der Landtagsfraktion und sagt für CSUler bislang Undenkbares: "Es geht nicht darum, Verbote zu manifestieren", erklärt Sinner. "Man sollte ein Medium nicht an den schlechtesten Beispielen messen, sondern an den guten." Auf der Leinwand poppen Ergebnisse von einer amerikanischen Studie auf. Computerspielsucht sei keine Ursache von Problemen, steht da. Und Sinner meint: "Aus meiner Sicht sind solche Studien viel weiterführend als die Äußerungen eines Professors aus Niedersachsen." Er redet vom Kriminologen Christian Pfeiffer, auf den sich all die berufen, die böse Computerspiele verbieten wollen.

Doch Sinners beeindruckendste Grafik zeigt graue Balken. Sie werden immer höher. Es sind die Umsätzen der Game-Industrie. "Wir wollen bayerische Spielentwickler fördern", verspricht Sinner. So ist das mit der CSU: Wenn dort eines wichtiger ist als das Bewahren konservativer Werte, dann ist das Standortpolitik.

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