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Geheimplan unter BushCIA sollte Al Kaida-Kämpfer ermorden

Zum Kampf gegen den Terror unter George W. Bush gehörte offenbar auch ein geheimes CIA-Killer-Kommando. Es kam allerdings nicht zum Einsatz. Nun muss Obama reagieren.

Hat noch ein paar Überraschungen im Nachlass: Ex-Präsident George Bush. Bild: ap

WASHINGTON taz | Diesmal wird US-Präsident Barack Obama kaum drum herumkommen, Stellung zu beziehen. Auf Anweisung der früheren Regierung Bush soll der US-Geheimdienst CIA jahrelang an einem Plan zur Gefangennahme und Tötung von Al-Qaida-Mitgliedern gearbeitet und dies dem US-Kongress verheimlicht haben. Das Wall Street Journal hatte am Wochenende unter Berufung auf ehemalige Geheimdienstmitarbeiter vom Antiterrorprogramm der CIA berichtet. Die Enthüllungen erregten große Empörung. Sechs Monate nach dem Amtsantritt von Obama löst dessen zögerliche Herangehensweise an das durch seien Vorgänger George W. Bush im Antiterrorkampf verübte Unrecht scharfe Kritik und Enttäuschung aus.

Prominente US-Demokraten forderten am Sonntag eine unabhängige Untersuchung, wie ein solches Antiterrorprogramm den führenden Parlamentariern verborgen bleiben konnte. Amerikanische Medien hatten zuvor berichtet, dass die Geheimhaltung auf Anweisung des damaligen Vizepräsidenten Dick Cheney erfolgt sein soll.

Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, die kalifornische Senatorin Diane Feinstein, nannte die Geheimhaltung ein "großes Problem". Der einflussreiche Senator Richard Durbin aus Illinois mutmaßte, die Geheimniskrämerei könne sogar "illegal" gewesen sein. Schließlich stehe auch ein Vizepräsident nicht "über dem Gesetz", sagte Patrick Leahy, Vorsitzender des Senatsjustizausschusses, dem Sender CBS.

Republikaner versuchten unterdessen den Angriff auf die Ära Bush schnell mit Gegenvorwürfen zu kontern: Der republikanische Senator Judd Gregg sagte in Interviews, dass es zwar "falsch" sei, die CIA von der angemessenen Unterrichtung des Kongresses abzubringen. Dies alles sei aber "kein Grund, nun die CIA zu demontieren". Die anhaltende Kritik der Demokraten "untergräbt die Moral und die Fähigkeiten" der Geheimdienste, sagte Gregg.

Öffentlich wurde das Antiterrorprogramm der CIA letztlich durch ihren neuen Chef, Leon Panetta, der es auf der Stelle beendete, nachdem er am 23. Juni davon erfahren hatte. Panetta soll am Tag darauf die Geheimdienstausschüsse des Kongresses informiert haben.

Laut Medienberichten soll die CIA nicht nur die Gefangennahme, sondern auch die gezielte Tötung von Al-Qaida-Mitgliedern erwogen haben. Nach einem halben Jahr sei dies offenbar kein Thema mehr gewesen. Die CIA habe Geld in die Entwicklung ihres Exekutionsplans gesteckt sowie möglicherweise auch bereits Mitarbeiter dafür geschult, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf anonyme, mit dem Vorhaben vertraute frühere Geheimdienstmitarbeiter. Der Plan gehe zurück auf einen Präsidialbeschluss aus dem Jahre 2001.

Zahlreiche hochrangige Mitarbeiter Obamas hatten bislang, wenn es um die vom linken Parteispektrum verlangte Aufarbeitung der fragwürdigen Methoden der Bush-Administration ging, stets die Befürchtung geäußert, zu viel Wahrheit könne schaden. So könne die Bloßstellung der Vorgänger das Weiße Haus im Parlament wichtige Stimmen für seine Reformpläne kosten.

Obama gab am Wochenende an, seine Mitarbeiter bereits angewiesen zu haben, die Tötung von bis zu 2.000 afghanischen Kriegsgefangenen durch lokale Warlords, die mit den USA zum Zeitpunkt der Vertreibung der Taliban verbündet gewesen sein sollen, zu untersuchen. Laut Medienberichten soll die Bush-Regierung die Untersuchung dieser Vorgänge unterbunden haben. Justizminister Eric Holder will offensichtlich einen Schritt weiter gehen. Er überlege, einen Sonderermittler einzusetzen, der untersuchen soll, ob Gefangene des "Krieges gegen den Terror" gefoltert worden seien, meldete die Washington Post.

Am vergangenen Freitag war in einem Bericht außerdem noch bekannt geworden, dass die National Security Agency, der Inlandsgeheimdienst, einige bislang unbekannte Überwachungsprogramme hatte durchführen lassen. Das ergibt insgesamt vier schwere Vorwürfe gegen die US-Geheimdienstszene. Präsident Barack Obama hatte zuvor stets betont, er wolle in diesen schwierigen Zeiten nicht zurückschauen, sondern sich um die Gegenwartsprobleme kümmern. Nun hat ihn die Vergangenheit aber eingeholt. Er wird sich ihr stellen müssen.

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16 Kommentare

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  • A
    aso

    @ schnipp-schnapp, alias t.s.:

    „...Genau. Das ist der Kern der rassistischen Apologetik...“

    Dies funktioniert nur mit einer Denkweise, die alles westliche verteufelt, und als verderbt und rassistisch brandmarkt. Ein simples Schwarz-Weiß-Weltbild, in dem per se der Westen das absolute Böse darstellt, während völlig reine, unschuldige islamische Staaten sich nur legitim verteidigen.

    Die ca. 200 Koranstellen, in denen zum Töten von Nichtmuslimen aufgefordert wird, das ist nicht wirklich so gemeint...

    Muslimische Terroristen, die sich bei ihren weltweiten Anschlägen auf diese Koranstellen berufen, haben die nur falsch verstanden...

    Auch ohne den Westen herrscht nicht eitel Sonnenschein, denn es gibt Kriege untereinander, wie z.B. Iran/Irak, oder gegen die eigene Bevölkerung wie bei den Taliban in Afghanistan / Pakistan, wo als erstes Signal zunächst die Mädchenschulen geschlossen werden, damit das Volk gleich weiß, wo es lang geht.

    Mit diesem Weltbild wäre es doch angebracht, dem rassistischem Westen den Rücken zu kehren, und in eines der von Ihnen genannten Länder Ihrer Wahl zu emigrieren, in dem die angestrebten Ideale schon voll verwirklicht sind. Deshalb braucht es dort dann auch nicht mehr solch westlicher Überflüssigkeiten wie Pressefreiheit, etc.

  • S
    schnipp-schnapp

    >> da sie dort nicht gewollt sind,

     

    Genau. Das ist der Kern der rassistischen Apologetik, die dazu dient die Rechtfertigungen zu liefern um 'sie dort' umbringen und ausrauben zu können. In Afghanistan, im Irak, in Palästina und in Dresden.

  • A
    aso

    @ schnipp-schnapp, alias t.s.:

    „...Das stimmt. Der Westen kopiert Al-Quaeda, eines seiner Geschöpfe....“

     

    Auch hier liegen Sie mal wieder daneben:

    Die Keimzelle Al Qaidas war die ägyptische Muslimbruderschaft.

    Anpassung ist nicht gleich kopieren. Ohne Anpassung wäre der Westen / USA einer asymetrischen Kriegführung ausgeliefert. Das kann er zum Schutz seiner Bürger nicht zulassen.

    „...Menschenrecht, Völkerrecht und alle Konventionen zum Schutz der Zivilibevölkerung über Bord zu werfen, das ist das westliche Zivilisierungsprogramm. Im Irak, in Afghanistan und natürlich in Palästina....“

    Die allgemeinen Menschenrechte und andere Standards werden von den genannten Ländern, und anderen islamisch geprägten nicht anerkannt, und über Bord geworfen, da mit der Scharia nicht kompatibel.

    Es wäre in der Tat ein Fehler diese westlichen Errungenschaften, der sie es ja z.B. verdanken hier Ihre Meinung zu verbreiten, diesen Ländern bringen zu wollen, da sie dort nicht gewollt sind, da bevorzugt in tradiierten Stammeskulturstrukturen gelebt wird.

  • PM
    Pas Materski

    besonders ist hier , dass dick schon unter bush1

    mit rummy und k.rove in kontakt stand, dass er ne

    undercover "notfall"-bunker befehls-zentrale-und-paralell-struktur errichtet

    hatte, von der kaum jemand was weiss, und weil sie so geheim ist , nichteinmal involvierte den überblick darüber haben wie er.

    er hat in seiner amtszeit damit geprahlt , dass er dinge ausgearbeitet hat die er bush2 nur zum unterzeichnen reingereicht hat.

    ne cia agentin wurde aus seinem büro und mitarbeiterstab geoutet (D.C.wiki-us gibts ein foddo mit seiner schrift auf ner zeitung und der name der geouteten).

    usw.usw.

    p.s.: einige blogger glauben seine assassini seien u.a. die ppl die in santa cruz/bolivien verhaftet wurden.

  • S
    schnipp-schnapp

    >> eine logische und konsequente Anpassung

     

    Das stimmt. Der Westen kopiert Al-Quaeda, eines seiner Geschöpfe.

     

    Menschenrecht, Völkerrecht und alle Konventionen zum Schutz der Zivilibevölkerung über Bord zu werfen, das ist das westliche Zivilisierungsprogramm. Im Irak, in Afghanistan und natürlich in Palästina. Die 'Humanitäre Katastrophe' über Millionen von Menschen zu bringen - das nennen wir Befreiung.

     

    Das dabei auch die Demokratie und Bürgerrechte im Westen über die Klinge springen müssen passt dazu wie die Faust aufs Auge.

     

    Die extreme Redhte - Sozial-, Kultur- und Rasse-Darwinisten - können sich selber gratulieren.

     

    Und das natürlich mit voller Unterstützung 'unserer' demokratischen Medien und Herrscher.

  • A
    aso

    Al Qaida hat dem Westen, insbesondere der USA den Krieg erklärt.

    Diese Pläne sind nur eine logische und konsequente Anpassung an die asymetrische Kriegsführung der Terrororganisation.

  • PR
    Peter Röder

    Der US-Geheimdienst tötet Menschen...

    Was bitte, soll daran neu sein?

  • S
    Schinese

    In China ist ein Sack Reis umgefallen und brandneu ist die Erkenntnis, dass ein Reiskorn dabei verrutscht ist!!!

  • A
    anke

    Verstehe ich das richtig? Der US-amerikanische GEHEIM-Dienst (!) CIA hat ein halbes Jahr lang (!) angeblich ganz und gar folgenlos (!) darüber nachgedacht, ob er nicht das eine oder andere Al-Kaida-Mitglied umbringen soll, wenn er die Gelegenheit dazu bekommt, und nun tun diverse US-Medien, prominente US-Demokraten und ein Teil der US-Öffentlichkeit empört. Sie äußern "scharfe Kritik" und fordern eine Untersuchung. Allerdings nicht, weil sie grundsätzlich etwas gegen Morde hätten, sondern lediglich deswegen, weil sie sich nicht angemessen informiert fühlen entsprechende Pläne betreffend. Wobei bisher offensichtlich noch nicht einmal geklärt werden konnte, ob die "Geheimniskrämerei" des CIA nicht vielleicht doch Rechtens gewesen ist. Und was tut die taz? Sie schlussfolgert aus all dem messerscharf, dass Obama "jetzt reagieren" muss. Danke, kann ich zu so viel Scheinheiligkeit nur ganz aufrichtig sagen. Nun weiß ich doch wenigstens wieder, warum ich lieber Affe in Dresden wäre als Präsident in Washington!

  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    Ich bin kein Fan von den Bushs (sen. & jun.) und deren Politik, aber davon u n a b h ä n g i g frage ich mich, was daran überhaupt überraschend ist!?!?!

     

    Bush (und nicht nur er) hat die Angriffe des 11.9.2001 als Kriegserklärung betrachtet und das waren sie ja auch tatsächlich.

     

    Selbstverständlich töten in einem Krieg Kommandos ihre Gegner nicht nur nach öffentlicher Vorwarnung, sondern auch "geheim" - ob das gut ist, oder nicht, aber es ist nicht überraschend.

     

    Ich denke, hier wird B. Obama eine Falle gestellt, und ausgerechnet die taz merkt es nicht.

  • A
    aha

    Al Kaida ist doch auch nur ein CIA-Kommando, bei dem man jedoch leider die Befehlsgewalt verloren hat. Vielleicht aber auch nicht. Oder nur teilweise.

     

    Die ganze Welt ist eine Bühne.

  • DK
    Dr K

    Ich verstehe die Heuchelei nicht!

    Wo ist der Unterschied? Die CIA ermordet Kaida-Mitglieder, das US-Militär ermordet Saddam und seine Mämpfer im Irak, ermordet Taliban in Afghanistan. Das ist doch alles dasselbe!

    Der Staat führt "Krieg" jenseits der traditionellen Schlachtfelder. Bringt seine Feinde um. Was ist daran so besonders skandalös? Vielleicht die Tatsache, dass man selbst nicht neutral ist - oder tut jemandem ernsthaft der Kaida-Terrorist Leid, der erschossen, verbrannt oder von Bomben zerfetzt wird?

    Der Aufruhr um den CIA-Einsatz ist vielleicht ein Zucken, ein Reflex, weil man soeben bemerkt hat, wie stark unsere Welt entmenschlicht ist...ansonsten im Westen nichts Neues.

  • H
    Holger

    Warum tötet die USA diese Leute? Ich meine, wenn sie tot sind, wird an Ihre Stelle einfach nur jemand neues treten. Das ist typisch für El-Kaida. Die Amerikaner tun den Terroristen damit sogar noch einen gefallen. Jemand der aufgeflogen ist, könnte Geheimnisse auspacken (mit oder ohne Folter). Ist er tot, schweigt er wenigstens.

    Was ich sagen will ist, dass ein toter Terrorist für die Amerikaner keinen Nutzen hat. Haben sie einen Terroristen erst einmal gefunden wäre es doch sicher sinnvoll ihn unter Beobachtung zu halten und die Organisation weiter zu infiltrieren, statt zu töten, aber vielleicht ist das auch die typisch pragmatische Lösung der Republikaner. Überraschen dürfte es ja niemanden.

  • BS
    Berthold Sonnemann

    Afghanistan ist seit 30 Jahren Opfer von kriegerischen Angriffen, zuerst seitens der Sowjetunion, dann seitens der USA, die dort die Gotteskrieger aufgebaut haben; mittlerweile mischt auch Deutschland mit, obwohl das Grundgesetz Angriffskriege verbietet.

     

    Die islamistischen Schurken sind wie manch andere politische Schurken von den USA aufgebaut worden, insbesondere von christlich-faschistoiden Politikern der Republikanerpartei. Deshalb ist es vor allem Pflicht der USA, von ihr aufgebaute Schurken wieder zu beseitigen.

     

    Islamisten, die in Afghanistan buddistische Statuen zerstören wie die Nazis Bücher verbrannt haben, die Drogen anbauen und damit die global die Gesundheit gefährden und die (wie kürzlich im Swat-Tal/Pakistan) nach Machtergreifung unverzüglich Mädchenschulen in die Luft sprengen und öffentliche Hinrichtungen zelebrieren, dürfen sich nicht ausbreiten. Die Angst vor solchem Islamismus ist voll berechtigt.

     

    Die Wahl der Mittel zur Entmachtung engstirnig-kleinkarierter Religionsfaschisten ist schwierig; aber gerade mit Vernunft allein (die ja bei Islamisten als westliches Teufelswerk gilt) ist Extremisten allem Anschein nicht beizukommen.

  • AC
    Anna Cvetkov

    Als wäre es schon vorher nicht klar gewesen, was die CIA treibt. Man sollte einen Blick auf die Vorgeschichte werfen, denn nicht nur unter Bush ist es zu illegalen und menschenverachtenden Handlungen der CIA gekommen.

  • M
    Maximilian

    Was ist an dieser Nachricht so besonders?

    Die USA vollziehen das Programm doch bis zum heutigen Tag auch unter Obama. Oder wie sind die Ermordungen von Menschen in Somalia, im Jemen, in Pakistan, Afghanistan und wer weiß wo noch, durch amerikansiche Drohnen und Bomber (außerhalb jeglicher Kampfhandlungen)einzustufen? Dagegen hat Merkel übrigens noch nie protestiert.

    Ich gehe auch davon aus, dass US-'Killerkommandos', gleich welcher Einheit, ob Special Forces, vom CIA oder sonst was, tatsächlich und auch weiterhin unterwegs sind.

    Es will nur niemand öffentlich darüber reden. Deshalb wohl die Empörung.